Arzneimittelinformation

BAH: Schlüsselrolle für Apotheker Lothar Klein, 10.06.2016 12:01 Uhr

Berlin - 

Angesichts wachsender Compliance-Probleme bei innovativen Arzneimitteln fordert der Bundesverband der Arzneimittelhersteller (BAH) die Politik auf, die Rolle der Apotheker als Arzneimittelexperten zu stärken und ihnen eine Schlüsselrolle zuzuweisen. In einem Brief an die Mitglieder des Gesundheitsausschusses des Bundestages heißt es: „Die Apothekenpflicht dieser Arzneimittel und die Stärkung der Position des Apothekers als Arzneimittelexperte haben zukünftig für die sichere, aber auch effektive Anwendung eine elementare Bedeutung.“ Keine Chance sieht der BAH hingegen, die notwendige Information der Patienten über besser lesbare Beipackzettel zu vermitteln.

Es werde eine ständige Herausforderung bleiben, alle Anforderungen, die an Gebrauchsinformationen für Arzneimittel gestellt würden, „möglichst konfliktarm zu erfüllen“. Einfache sprachliche Darstellung finde ihre Grenzen, wenn sie zu Lasten einer umfassenden und auch präzisen Information der Patienten gehe.

„Gebrauchsinformationen werden daher nie eine leichte Lektüre werden“, so der BAH. Der Wunsch nach patientenfreundlicheren Informationen und weniger umfangreichen Risikoangaben seien „ein unlösbarer Widerspruch“.

Der BAH räumt in seinem Schreiben an die Mitglieder des Gesundheitsausschusses ein, dass der Umfang der Risikoangaben in Beipackzettel zu recht ein „wiederkehrender Kritikpunkt“ sei. Die ausführlichen Angaben zu Risiken und Nebenwirkungen hinterließen beim Patienten den Eindruck, „dass die Arzneimittel mehr Schaden anrichten könnten als sie dem Anwender nutzen“. „Tatsächlich ist die Liste der Risikoangaben in vielen Beipackzetteln erschreckend lang“, so der BAH. Keine Lösung sieht der Verband darin, nur „selektiv“ zu informieren, um die Lesbarkeit zu verbessern.

Die Risiken der Arzneimitteleinnahme würden den Patienten „nachdrücklich vor Augen geführt“. Über den therapeutischen Nutzen werde in Beipackzetteln aber „nur am Rande informiert“, kritisiert der BAH: „Das Anwendungsgebiet wird in vergleichsweise mageren Worten beschrieben.“

Ein „deutlicher Fortschritt“ wäre es laut BAH, wenn über das positive Nutzen-Risiko-Verhältnis und über die erwünschten Wirkungen ebenso ausführlich informiert würde: „Ein solcher Schritt könnte einen erheblichen Beitrag dazu leisten, die Compliance der Patienten zu verbessern.“ Das Wissen über Arzneimittel nehme aber ständig zu. Das werde die Beipackzettel künftig noch umfangreicher und komplizierter machen.

Da die Bereitschaft der Patienten ihre Grenzen habe, umfangreiche Texte zu lesen und die Inhalte umzusetzen, „wird dem Apotheker in Zukunft eine noch größere Bedeutung zukommen, wenn es darum geht, die Voraussetzung für eine erfolgreiche medikamentöse Behandlung zu schaffen“, schreibt der BAH an den Gesundheitsausschuss und hebt diese Textpassage fett gedruckt hervor. Bei allen nicht selbsterklärenden Arzneimitteln brauche es einen Arzneimittelexperten, der die Patienten begleite.

Der Bundesrat hat im März auf Druck von Saarlands Gesundheitsministerin Monika Bachmann (CDU) eine Initiative für patientenfreundlichere Beipackzettel gestartet. Diese soll jetzt auf EU-Ebene vorangetrieben werden.

Beim „Gesundheitspolitischen Gespräch in der Saarländischen Landesvertretung“ wurde über rasche Zwischenlösungen diskutiert. Manfred Saar, Präsident der Apothekerkammer Saarland, brachte den Vorschlag ein, mit einer verständlichen Kurzanleitung für Patienten den Beipackzettel zu ergänzen.

Auf Skepsis stieß Saars Idee einer Kurzinformation allerdings bei der Industrie. Georg Lang, Head of Regulatory Affairs bei Pfizer, schlug stattdessen eine elektronische Variante des Beipackzettels vor. „Ein zweiter Beipackzettel bedeutet zusätzlichen Aufwand und Kosten. Welchen Sinn macht es, diese Infos in die Packung zu packen? Lassen Sie uns über grundsätzlich neue Konzepte nachdenken.“

Beipackzettel sollten über einen QR-Code elektronische abrufbar sein. Patienten ohne Smartphone könnten dazu die Apotheke aufsuchen. Auch das neue Securpharm-System biete ab 2019 weitere Möglichkeiten des Zugriff auf elektronisch aufbereitete Informationen.