Approbationsentzug

OVG: Apotheker müssen untadelig sein Alexander Müller, 31.05.2012 15:39 Uhr

Berlin - 

Das Vertrauen der Bevölkerung in Apotheken ist aus Sicht des Niedersächsischen Oberverwaltungsgerichts (OVG) ein hohes Gut. Untergräbt ein Apotheker durch sein Fehlverhalten dieses Vertrauen, ist der Entzug der Approbation laut dem jetzt veröffentlichten Beschluss vom 2. Mai gerechtfertigt. Eine Apothekerin hatte für ihre Familie Rezepte gefälscht und damit auch die Krankenkasse betrogen. Das OVG lehnte den Antrag auf Berufung ab. Damit bleibt der Widerruf der Approbation bestehen.

 

Die Apothekerin hatte zwischen 2002 und 2003 auf rund 60 Rezepten die Menge oder Dosierung der verordneten Arzneimittel erhöht sowie weitere Medikamente hinzugefügt. Die Arzneimittel hatte sie für sich oder ihre Kinder verwendet und die Rezepte mit der Krankenkasse abgerechnet. Dieser soll dabei ein Schaden von knapp 23.000 Euro entstanden sein. Die Apothekerin war wegen Betrugs und Urkundenfälschung bereits zu einer Freiheitsstrafe von zehn Monaten auf Bewährung verurteilt worden. Gestützt auf diese Verurteilung war ihr die Approbation entzogen worden.

Dagegen hatte sich die Apothekerin gewehrt. Vor Gericht hatte sie argumentiert, dass die Menschen von Apothekern kein untadeliges Verhalten erwarten würden. Das Verwaltungsgericht sei in erster Instanz von einer „romantisch-idealisierten Apothekeruntadeligkeit“ ausgegangen. Das Berufsbild sei heute nicht mehr geprägt durch persönliche Beratung oder soziale Betreuung, sondern auf den Vertrieb von Arzneimitteln.

Das sah das OVG anders: Das gravierende Fehlverhalten der Apothekerin sei durchaus geeignet, das Ansehen in den Berufsstand und das in diesen gesetzte Vertrauen nachhaltig zu erschüttern, heißt es im Beschluss. Denn bei der Versorgung der Bevölkerung mit Arzneimitteln müsse sich ein Apotheker nicht nur von den rechtlichen Bestimmungen, sondern auch „von seiner Verantwortung für das Leben“ leiten lassen. „Er darf das Vertrauen der Öffentlichkeit in den Apothekerberuf nicht dadurch verletzen, dass er sich von einem unangemessenen Gewinnstreben bei der Erfüllung seiner Aufgaben beherrschen lässt“, so die Richter.

 

 

Die Apothekerin hatte zudem argumentiert, dass die gefälschten Verordnungen ohnehin medizinisch indiziert gewesen sein. Durch die selbständige Ergänzung der Rezepte habe sie nur einen zusätzlichen Arztbesuch vermeiden wollen.

Die Richter sahen in diesem Argument einen weiteren Verstoß gegen die Berufspflichten. Denn Anamnese und Verordnung gehörten eben nicht zu den Aufgaben eines Apothekers. Die Manipulation der Rezepte werteten die Richter zudem als Verstoß gegen die Apothekenbetriebsordnung und das Arzneimittelgesetz.

Dass sich die Apothekerin zuvor nichts hatte zu Schulden kommen lassen, ließ das OVG als Argument nicht gelten. Ein strafrechtlich erfasster Verstoß genüge für die Annahme der „Berufsunwürdigkeit“. Außerdem habe die Apothekerin im Verfahren keine Reue gezeigt, sondern unter Abwertung des Berufsbildes versucht, ihre Verfehlungen zu bagatellisieren.