Am Dienstag ist Tag der Apotheke – für Abda-Präsidentin Gabriele Regina Overwiening ein guter Anlass, um Bilanz zu ziehen: Die Apotheken sind aus ihrer Sicht nach ihrem Einsatz in der Pandemie so gut aufgestellt wie lange nicht mehr. Doch es gibt viele Baustellen, um die man sich kümmern muss – und ein Spargesetz, das keinefalls kommen darf.
97 Millionen Impf- und Genesenenzertifikate, 89,8 Millionen Impfdosen, 4490 Apotheken mit Testangebot: Die zusätzlichen Leistungen der Apotheken im Pandemie können sich laut Overwiening sehen lassen. Dank der „starken Perfomance in der Pandemie“ habe der Berufsstand eine neue, selbstbewusstere Haltung entwickelt: „Die Apotheke vor Ort ist ein aktiver Helfer, der als analoger und digitaler Vollversorger eine zentrale Funktion im Gesundheitsnetzwerk einnimmt und die Infrastruktur vor Ort unverzichtbar unterstützt.“
Dieses Momentum gelte es nun zu nutzen. Denn Baustellen gibt es viele: Die positiven Einmaleffekte werden laut Overwiening wegfallen, sodass die betriebswirtschaftliche Situation wieder auf Normalmaß zurückgehen werden. Mit einem Anteil von 1,9 Prozent an den Ausgaben der Kassen seien die Apotheken alles andere als ein Kostentreiber. Stattdessen machten steigende Energiekosten, Inflation und wachsende Personalausgaben den Apotheken „finanziell massiv zu schaffen“. „Weil es keinerlei Inflationsausgleich oder Dynamisierung gibt, sind wir ganz entkoppelt von all diesen Entwicklungen.“
Mit dem von Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) geplanten Spargesetz drohe laut dem vorläufigen Entwurf eine „deutliche Honorarkürzung für alle Apotheken“. Dies dürfe nicht geschehen; gerade nach dem Einsatz in der Pandemie bräuchten die Apotheken eine Perspektive und dürften nicht auch noch bestraft werden: „Wir erwarten, dass der neue Gesetzentwurf diese Kürzungen nicht mehr enthält.“ Im Koalitionsvertrag habe die Ampel doch versprochen, die regionalen Strukturen krisenfester zu machen. „Dieses Versprechen muss weiterhin gelten. Es nutzt nichts, den Apotheken Geld in die rechte Tasche zu stecken, das man ihnen gleichzeitig aus der linken hinausnimmt.“
Sparmaßnahmen seien dort angezeigt, wo die Kosten aus dem Ruder liefen – wen sie damit meint, sagte Overwiening auf Nachfrage nicht. „Die Apotheken sind jedenfalls an der Grenze, wir haben keine Spielräume mehr.“
Auch wenn kurzfristig das Apothekensterben wohl nicht mehr zu stoppen sei, müssen man die Zahl der Apotheken mittel- und langfristig dringend stabilisieren. Dazu gehöre neben ausreichenden finanziellen Mitteln auch eine echte Wertschätzung der täglichen Arbeit. Heute sei es vielfach selbstverständlich, dass die Versorgung gesichert sei: „Das ist wie beim Strom, der aus der Steckdose kommt.“ Man müsse aber den Beruf attraktiver machen: „Nur so können wir jetzt den engagierten pharmazeutischen Nachwuchs für die Apotheken gewinnen, der in zehn, 20 oder 50 Jahren die Versorgung sichert.“
Große Hoffnungen setzt sie in die pharmazeutischen Dienstleistungen, auch wenn sie ohne Verschriftlichung noch nichts zum Schiedsspruch sagen dürfe. Auch mit Corona- und Grippeimpfungen sollen die Apotheken weiter stärken; auch wenn es hier bei den Ärzten eine „standespolitische Betroffenheit“ gebe, werde das Engamenent der Apotheken von den allermeisten Praxen mitgetragen. Die Modellprojekte sind aus ihrer Sicht nicht, wie von den Ärzteverbänden behauptet, gescheitert – sie seien nur mit der Vorgabe, eine Kasse als Kooperationspartner zu gewinnen, von der Politik schlecht aufgesetzt gewesen. „Dafür haben wir das brillant gemacht.“
Dass der Deutsche Ärztetag (DÄT) die Weiterbildung für Homöopathie streichen will, ist auch für die Abda ein Anlass, sich dem Thema noch einmal zu widmen. „Die Debatte wird emotional geführt, aber wir werden uns damit beschäftigen und das Thema kritisch würdigen.“
Die Einführung des E-Rezepts werde man aktiv mitgestalten, so Overwiening. Noch gebe es Stolpersteine, etwa was die Verordnung durch Ärzte in einer Gemeinschaftspraxis angehe. Hier werde man die Erfahrungen zusammentragen und rechtzeitig lösen, versprach Overwiening: „Wir sind in Gesprächen und guter Hoffnung, dass wir Retaxationen aufgrund solcher und anderer Formfehler, die wir gar nicht erkennen können, ab dem 1. September ausschließen können.“ Mit dem Start des Referenzvalidators wären unkorrekt ausgestellte Rezepte ohnehin nicht mehr möglich.
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