Overwiening: „Honorarkürzung wäre fatales Signal“ APOTHEKE ADHOC, 29.01.2021 10:43 Uhr
Kurzfristig rollt die nächste Verteilaktion von FFP2-Masken auf die Apotheken zu. Laut Ankündigung von Sozialminister Hubertus Heil und Gesundheitsminister Jens Spahn sollen Hartz-IV-Empfänger zehn Masken erhalten. Die Apothekerverbände begrüßen die Maßnahmen, warnen aber auch vor Preisdebatten.
„Die Versorgung von Grundsicherungsempfängern mit kostenfreien Schutzmasken halten wir für einen richtigen und wichtigen Schritt. Für die Apotheken ist es auch ein Stück gesellschaftliche Verantwortung, sie zu gewährleisten“, so Abda-Präsidentin Gabriele Regina Overwiening. „Genügend Masken gibt es. Wie der Markt aber preislich reagiert, wenn nun noch einmal 50 Millionen hochwertige Schutzmasken zusätzlich gebraucht werden, müssen wir in den nächsten Tagen sehen.“
Vor allem hoffe man, dass die Bedürftigen nun möglichst schnell ihre Berechtigungsscheine bekommen, damit sie versorgt werden können. „Bei den Senioren und Risikopatientinnen hat die Versendung der Coupons bisher nicht im wünschenswerten Tempo geklappt“, so Overwiening.
Forderungen der Politik, das Abgabehonorar von derzeit sechs Euro je Maske zu kürzen, weist die Abda-Präsidentin zurück: „Die Apotheken haben seit einem Jahr ihre ganze Kraft in die Pandemiebekämpfung gesteckt. Trotz Lieferengpässen und Lockdowns haben sie die flächendeckende Arzneimittelversorgung jederzeit gesichert. Im Dezember haben die Apotheken zudem die Herkulesaufgabe angenommen, von einem Tag auf den anderen zig Millionen FFP2-Masken zu beschaffen, vorzufinanzieren und kostenlos an Risikopatienten abzugeben. Dabei haben sie natürlich auf Basis der zugesagten Vergütung kalkuliert. Jetzt inmitten der zweiten Phase der Maskenverteilung über eine abrupte Honorarkürzung zu sprechen, ist für die Kolleginnen und Kollegen ein fatales Signal und erschüttert ihr Vertrauen in die Zusagen der Politik.“
Ähnlich argumentiert Thomas Preis, Vorsitzender des Apothekerverbands Nordrhein (AVNR): „FFP2-Masken tragen maßgeblich zu sinkenden Infektionszahlen bei. Deshalb ist die Entscheidung der Bundesregierung zu begrüßen, auch Sozialhilfe-Empfänger mit kostenlosen FFP2-Masken zu versorgen.“ Gleichzeitig fordere man die Politik auf, zügig eine für alle praktikable Umsetzung in die Wege zu leiten. Denn die Ankündigung habe schon zu ersten Nachfragen in den Apotheken geführt.
Die Apotheken seien in der Lage, diese für die weitere Sicherstellung des Infektionsschutzes der Menschen herausragend wichtige Aufgabe mit einer abermaligen Kraftanstrengung zu meistern, so Preis. Dabei wehrt sich der Verband gegen Vorwürfe, die Politik würde die Apotheken mit so einer Aufgabe begünstigen. „Die Apothekenteams haben hier zuletzt mit der Verteilung von 34 Millionen FFP2-Masken in kurzer Zeit – quasi von einem Tag auf den anderen – einen außerordentlichen logistischen Kraftakt geleistet“, so Preis. Und was oberflächliche Kritiker gar nicht berücksichtigen oder anerkennen würden, sei neben Logistik und Vorfinanzierung eben auch die aufwändige Beratung zu den FFP2-Masken und den sonstigen vom Gesetzgeber empfohlenen medizinischen Masken. „Wir machen das gerne, erwarten aber auch, dass unser Engagement angemessen honoriert wird“, betont Preis.
Preis warnt gleichzeitig vor steigenden Einkaufspreisen für die Apotheken. Nicht nur der starke Bedarf durch die über 60 Millionen Bezugsscheine der Krankenkassen für fast 400 Millionen FFP2-Masken und jetzt zusätzlichen gut fünf Millionen weiteren Bezugsscheinen für weitere 50 Millionen Masken führten zu einer sehr hohen Nachfrage im Markt. Auch der laufende Bedarf von Bürgern, Betrieben und Verwaltung aufgrund der Nachschärfung der Maskenpflicht in öffentlichen Verkehrsmitteln und Geschäften trage dazu bei. Ein Zeichen für die mittlerweile teilweise angespannte Marktsituation sei die zeitweise fehlende Lieferbarkeit von Masken in Vertriebskanälen außerhalb der Apotheken und im Internet. Es sei bereits von stark steigenden Preisen und von langen Lieferzeiten von Herstellern und Importeuren für FFP2-Masken berichtet worden.
„Andere Lieferkanäle können es sich erlauben ausverkauft zu sein. Apotheken können das nicht. Die Bürger:innen erwarten von uns zu Recht eine kontinuierliche Verfügbarkeit von qualitativ hochwertigen Masken in ausreichender Menge. Dazu brauchen wir auch eine angemessene Vergütung“, verdeutlicht Preis. Er erteilt damit gleichzeitig eine Absage ans Ministerium, von der Vergütung, die der Bund aktuell für die Versorgung der 32 Millionen anspruchsberechtigten über 60-jährigen und Menschen mit chronischen Erkrankungen zahlt, bei den nunmehr auch anspruchsberechtigten Harz-IV-Empfängern abzuweichen. „Die Einkaufspreise für hochwertige Masken sind zurzeit höher als im Dezember, als der Preis für die erste Gruppe der Bezugsberechtigten festgelegt wurde“, stellt Preis klar.