Overwiening: „Die Apothekerschaft steht bereit“ Lilith Teusch, 15.05.2024 15:16 Uhr
„Wir sind der Strom aus der Steckdose“, so beschreibt Abda-Präsidentin Gabriele Regina Overwiening bei jeder Gelegenheit die Apotheke. Um auch in Zukunft die Versorgung zu sichern, brauche man weniger Misstrauen und mehr Zusammenarbeit zwischen den Leistungserbringern, so Overwiening bei der Hauptversammlung des Bundesverbands der Pharmazeutischen Industrie (BPI).
Die Apotheke vor Ort werde meist als selbstverständlich wahrgenommen; erst in dem Moment, in dem Menschen wirklich krank seien, ändere sich der Blick. Dabei sei die Apotheke für die Bevölkerung wichtig, so Overwiening: Bei der Frage, wie wichtig eine wohnortnahe Apotheke sei, hätten bei einer Umfrage mehr als 90 Prozent „wichtig“ angegeben.
Gemeinsame Initiativen
In Anlehnung an die kurz vorher vorgetragene Forderung von CDU-Chef Friedrich Merz, Gesundheit müsse auch persönlich wieder etwas wert sein, betonte Overwiening, dass Eigenverantwortung zwar ein wichtiges Thema in der Gesundheitsversorgung sei. Doch wenn ein Mensch Leidensdruck habe, dann müsse das Gesundheitssystem den Menschen verlässlich versorgen, ohne dass hierfür alles selbst Verantwortung übernommen werden müsse.
„Gesundheitsversorgung geht nicht alleine“, sagte Overwiening. In der Politik würden verschiedene Leistungserbringer oft gegeneinander ausgespielt, darauf dürfe man sich nicht einlassen. Stattdessen müsste Misstrauen gegeneinander abgebaut werden.
Daher spricht sich Overwiening dafür aus, gemeinsam mit Ärzten „Initiativen“ zu starten, die zeigen, dass gemeinsam kostengünstig eine qualitativ hochwertige Versorgung gelingen könne. Als Beispiele nannte sie Projekte, um die Einnahmetreue zu stärken oder Lieferengpässen effizienter zu begegnen.
Apotheker dürften nicht einmal die Darreichungsform eines Medikaments austauschen, ohne den zusätzlichen Schritt, ein neues Rezept vom Arzt zu fordern. Das bedeute zusätzliche Arbeit für den Arzt, den Apotheker und eine spätere Versorgung des Patienten. „Die Apothekerschaft steht bereit“, schließt Overwiening.
Medikamente nicht nur Kostenfaktor
Arzneimittel würden nur als Kostenfaktor betrachtet, dies führe dazu, dass die Unternehmen in Europa nicht mehr in der Lage seien, hier zu produzieren – und sich die Produktion immer weiter Richtung Indien und Asien verlagere, so Oliver Kirst, Vorsitzender des BPI. Die Rahmenbedingungen in Europa müssten verbessert werden, um den Standort zu stärken.
Dr. Alena Buyx, ehemalige Vorsitzende des Deutschen Ethikrats, betonte, dass das Gesundheitssystem widerstandsfähiger gemacht werden müsse. Es habe ganz gut geklappt in Corona-Zeiten, so Buyx. Die Geschwindigkeit, in der während der Pandemie Impfstoffe entwickelt und produziert worden seien, bezeichnete sie als „spektakulär“.
Qualität nur Mittelmaß
In Zukunft kämen auf das System weitere Belastungsproben zu, auf die man sich frühzeitig vorbereiten müsse: Durch den demografischen Wandel steige der Bedarf an Gesundheitsleistungen, der Fachkräftemangel würde sich eher verstärken. „Ein Drittel der Pflegekräfte ist zwischen 55 und 65 Jahre alt und wird in den nächsten zehn Jahren in Rente gehen“, so Buyx.
Gleichzeitig investiere Deutschland enorm viel in das Gesundheitssystem, doch in der Qualität sei man nur im unteren Mittelfeld. Die Mittel müssten sinnvoller verteilt werden. Um die Probleme in Angriff zunehmen, müsse eine gemeinsame Strategie gefunden werden und sich mehr am Gemeinwohl orientiert werden.