Overwiening: Provokation wäre kontraproduktiv Nadine Tröbitscher, 20.06.2024 12:52 Uhr
„Unsere Zukunft steht auf dem Spiel“, so Abda-Präsidentin Gabriele Regina Overwiening in ihrer Videobotschaft zum Apothekenreformgesetz an die Kolleg:innen. Der Vorschlag der Apotheke ohne Approbierte sei ein Tabubruch. Dennoch sei ein Protest zum jetzigen Zeitpunkt kontraproduktiv: Die Apothekerschaft müsse mit Argumenten überzeugen.
Die Pläne aus dem Bundesgesundheitsministerium (BMG) seien eine zerstörerische Reform, die die Versorgung durch Apotheker:innen in der Apotheke vor Ort abschaffe und zehntausende Arbeitsplätze gefährde, so Overwiening. Die Leidtragenden seien die Patient:innen – Qualitätseinbußen, Leistungskürzungen und Verunsicherung sowie Vertrauensverlust seien die Folgen. „Wir sagen Nein zur Trivialisierung der Arzneimittelversorgung.“
Overwiening spricht sich gegen Scheinapotheken aus, die keine verbindlichen Qualitäten immer und überall gewähren. „Wir sagen Nein zu dieser Ignoranz gegenüber den Versorgungsbedürfnissen der Menschen. Kurzum: Wir sagen Nein zur vorsätzlich betriebenen Zerstörung der heilberuflich geführten und vollversorgenden Apotheke vor Ort.“
Abda setzt auf Parlament
In der Sommerzeit gelte es mit den Bundestagsabgeordneten und den Landesministerien im engen Austausch zu bleiben, um über den Entwurf zu beraten, so die Abda-Präsidentin. Die als Reform geplante Mogelpackung – das Trojanische Pferd – müsse demaskiert werden. Overwieing: „Das darin steckende Zerstörungspotenzial für eine sichere patientennahe und vertrauensvolle Arzneimittelversorgung durch die bewährten heilberuflich geführten Apotheken mit Apothekerinnen und Apothekern muss herausgeschnitten werden, ehe wir das Gesetzgebungsverfahren im Übrigen inhaltlich begleiten können.“
Auch in dieser „scheinbar aussichtslosen Lage“ müssten Mut, Zuversicht und Konstruktivität beibehalten werden. „Bislang reden wir über einen im BMG entworfenen Referentenentwurf und kein fertiges Gesetz.“ Weder Kabinett, Bundesrat noch Bundestag hätten sich bislang mit den Plänen beschäftigt. „Hier gibt es jetzt die konkreten weiteren Möglichkeiten für Gespräche und sonstige Kommunikation, um unsere Ablehnung gegen diese Pläne zu platzieren.“
Mut machten die bereits mit Politiker:innen geführten Gespräche – Rückenwind komme auch von den Gesundheitsministern der Länder. Jetzt dürfe der Gesprächsfaden nicht abreißen, denn das Parlament mache die Gesetze, nicht das Ministerium.
Positionspapiere für MdB
Alle Bundestagsabgeordneten aus dem Gesundheitsausschuss sowie alle Patientenbeauftragten der Länder im Rahmen werden in einer Informationswelle die Positionspapiere der Abda erhalten. Inhalt sind insbesondere die Auswirkungen der geplanten Leistungskürzung für die Bevölkerung.
In den kommenden Tagen soll eine groß angelegte politische Kampagne starten. Deren Ziel: der Politik und der Gesellschaft zu verdeutlichen, auf welche Apothekenleistungen die Patient:innen künftig verzichten müssten. In der ersten, schnell startenden Phase würden insbesondere über Social Media Informationen gestreut, die die Radikalität der Pläne verdeutlichten.
Die Apotheken seien gefragt und sollten die Inhalte teilen und selbst kreativ werden. Mehr dazu werde in Kürze über die Kammern und Verbände mitgeteilt. Im Hintergrund entstehe in dieser Zeit eine nächste, größer angelegte und emotionalisierende Kampagne zum Nutzen und Leistungen der Apotheken. Die Kolleg:innen sollen den Kontakt zur Politik aufnehmen und Politiker:innen informieren und einladen.
Argumente statt Protest
„Gerade in dieser sensiblen Phase, in der das Papier in den Bundesrat und den Bundestag wandert, können entscheidende Weichen für das weitere Gesetzgebungsverfahren gestellt werden. Während Proteste zu einem anderen Zeitpunkt nötig werden könnten, wäre eine sofortige Protestwelle mit hier auch gewollter Provokation kontraproduktiv.“
Overwiening ist überzeugt, dass große Teile der Politik die Apotheke vor Ort als wichtige soziale Instanz erhalten und stabilisieren – sogar ausbauen wollen. „Wir werden mit Argumenten überzeugen müssen.“
„Kein einziges Gesetz kommt so aus dem Bundestag, wie es vom Bundeskabinett in den Bundestag hineingegeben wurde“, so Overwiening und wirbt um Geschlossenheit.