Die Entlassung von Wirkstoffen aus der Verschreibungspflicht dauert den Herstellern zu lange. Daher fordern sie jetzt eine Novellierung des 1978 eingeführten Verfahrens. Das Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte (BfArM) soll nach ihrem Vorschlag direkt entscheiden.
OTC-Switches sind komplex. Die Hersteller oder das BfArM können einen Antrag auf Entlassung eines bestimmten Wirkstoffs aus der Verschreibungspflicht stellen. Dann berät der mit Experten und Verbandsvertretern besetzte Sachverständigenausschuss über das Thema und gibt eine Empfehlung ab. Auf dieser Grundlage kann das Bundesgesundheitsministerium (BMG) die Arzneimittelverschreibungsverordnung (AMVV) ändern; der Bundesrat muss dabei zustimmen.
Das Verfahren ist nicht nur langwierig, sondern auch unkalkulierbar. So lehnte der Bundesrat 2013 einen Verordnungsentwurf des BMG ab, mit dem Sumatriptan und Zolmitriptan unter bestimmten Voraussetzungen aus der Verschreibungspflicht entlassen werden sollten. Den Ländern waren die vorgesehenen Auflagen zu kompliziert. Ein Antrag von Hexal auf Entlassung von Desloratadin scheiterte schon am BMG; man wolle keinen gespaltenen Markt mit identisch zusammengesetzten Rx- und OTC-Produkten, hieß es zur Begründung. Der Konzern klagt derzeit vor dem Bundesverwaltungsgericht.
In beiden Fällen hatte der Sachverständigenausschuss sich für den OTC-Switch ausgesprochen, doch auch die Zustimmung der Experten ist alles andere als selbstverständlich. Einerseits tagt das Gremium nur zweimal im Jahr, andererseits sind nur die 13 berufenen Hochschullehrer und Vertreter der Arzneimittelkommissionen stimmberechtigt, nicht aber die Vertreter der pharmazeutischen Industrie (BAH/VFA) und der Apothekerschaft.
Im besten Fall dauert es neun Monate, bis ein Antrag durch ist. Meist vergeht aber mehr Zeit, laut BAH ist die Verfahrensdauer in den letzten Jahren signifikant gestiegen. „International ist kein vergleichbar komplexes Switch-Verfahren bekannt.“ Da der Switch kein Verwaltungsverfahren sei, seien die Hersteller auch nicht am Verfahren beteiligt, sondern müssten auf die Bewertung warten, ohne Einfluss nehmen zu können. Zuletzt gab es schon Fälle, in denen die Firmen zum Zeitpunkt der Entscheidung noch nicht lieferfähig waren, weil sie das Risiko, auf Ware sitzen zu bleiben, nicht eingehen wollten.
Schon seit längerem fordert der BAH daher wirtschaftliche Anreize für den Antragsteller, zum Beispiel die Umstellung auf ein produktbezogenes Verfahren oder einen Schutz von drei Jahren. Bislang haben die Hersteller damit kein Gehör gefunden, daher haben sie nun von der Kanzlei Sträter zusätzlich ein Modell ausarbeiten lassen, um das Verfahren zu vereinfachen: Nicht mehr BMG und Bundesrat sollen demnach über die Freigabe entscheiden, sondern das BfArM in Form eines Beschlusses.
„Die Änderung des Switch-Prozesses wird den zeitlichen und verwaltungstechnischen Ablauf verkürzen“, argumentiert der BAH. Unterstützt durch den Sachverständigenausschuss soll das BfArM eine Entscheidungsbefugnis erhalten, wie sie die Behörde schon bei Zulassungsanträgen hat. Damit werde nicht nur Expertise gebündelt, es würden auch klare und berechenbare zeitliche Vorgaben an die Bearbeitung eines Antrages gestellt. „Patienten erhalten einen rascheren Zugang zu OTC-Arzneimitteln und es wird mehr Transparenz geschaffen. Verfahrensrechte sorgen darüber hinaus für einen rechtssicheren, geordneten Ablauf.“
„Das Rechtsgutachten präsentiert Lösungsvorschläge für ein vereinfachtes, transparentes und berechenbares Switch-Verfahren“, so Dr. Elmar Kroth, Geschäftsführer Wissenschaft beim BAH. „Zurzeit sind zu viele Akteure an der Entscheidung zur Entlassung von Wirkstoffen aus der Verschreibungs- in die Apothekenpflicht beteiligt.“
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