Ärzte haben im vergangenen Jahr etwa 44 Millionen Empfehlungen für rezeptfreie Arzneimittel auf Grünen Rezepten ausgestellt. Laut Bundesverband der Arzneimittel-Hersteller (BAH) werden die meisten Rezepte in Apotheken vor Ort eingelöst. Die Formulare werden von den Herstellern gratis bereitgestellt; ab sofort können Ärzte sie auf der Website www.pro-gruenes-rezept.de anfordern.
An den etwa 790 Millionen Gesamtverordnungen im vergangenen Jahr hätten die Grünen Rezepte zuletzt einen Anteil von gut 6 Prozent erreicht, berichtet Dr. Hermann Kortland, stellvertretender Hauptgeschäftsführer des BAH. Die meisten Grünen Rezepte werden in Apotheken vor Ort eingelöst, wie eine repräsentative Umfrage des Deutschen Gesundheitsmonitors des BAH im Mai und Juni 2014 zeigte. 90 Prozent der Patienten, die bereits ein Grünes Rezept erhalten hatten, gaben an, es in einer Apotheke eingelöst zu haben – davon nur 4 Prozent in einer Versandapotheke.
Sämtliche nicht verschreibungspflichtigen, aber apothekenpflichtigen Arzneimittel können auf Grünem Rezept verordnet werden. Dabei hätten Arzneimittel der alternativen Therapierichtungen wie Homöopathika und Phytopharmaka eine tragende Bedeutung, berichtet Kortland. Nur wenn der Arzt die Aut-idem-Regelung ausgeschlossen hat, ist die Verordnung für den Apotheker bindend. Ansonsten kann entsprechend substituiert werden. Dass der Apotheker mit dem Grünen Rezept in seiner Beratungsfunktion eingeschränkt werde, sei somit nicht zu erkennen, sagt Kortland.
In der Berlin-Apotheke am Hackeschen Markt spielt das Grüne Rezept nur eine untergeordnete Rolle, berichtet Apotheker Tim Schumacher. „Es wird vielleicht eines pro Tag eingelöst“ schätzt er. Die ärztlichen Empfehlungen würden stets mit den Kunden besprochen. Er und seine Kollegen würden die Verordnung nicht bloß hinnehmen, sondern wenn nötig auch substituieren. „Bevormundet fühlen wir uns also nicht“, sagt Schumacher. Er sieht im Grünen Rezept vielmehr einen Vorteil für Apotheken: „Die Patienten vertrauen ihrem Arzt und lösen das Rezept deshalb tatsächlich bei uns ein, was für uns einen Zusatzverkauf bedeutet.“
Das Grüne Rezept unterstützt das Medikationsmanagement des Arztes. Denn die auf dem Rezept ausgestellten Verordnungen vermerke der Arzt in der Regel in der Patientenakte, sagt Kortland. Damit behalte er den gesamten Überblick über die Arzneimittel, die der Patient einnehme. Es stärke darüber hinaus das „vertrauensvolle Zusammenwirken von Arzt, Apotheker und Patient“, so Kortland.
Grüne Rezepte sind den Patienten durchaus bekannt. 46 Prozent haben laut Gesundheitsmonitor 2014 bereits eine solche verschriftliche Arztempfehlung erhalten. Weiteren 13 Prozent der Befragten wurde zwar noch keines ausgestellt, sie kennen es aber trotzdem. Ein Drittel der Umfrageteilnehmer hält das Rezept auch für sinnvoll.
Dagegen wissen nach einer Umfrage des Marktforschungsunternehmen Yougov 93 Prozent der Patienten nicht, dass ihre Krankenkasse auf Grünem Rezept verordnete Medikamente unter Umständen erstattet. Viele Krankenkassen übernehmen Kosten für Homöopathika oder Phytopharmaka als Satzungsleistung. Der BAH empfiehlt Patienten, sich bei ihrer Krankenkasse danach zu erkundigen. Der Arzt und der Apotheker könnten ebenfalls daran erinnern. Schumacher sagt: „Wir weisen unsere Kunden immer auf die Satzungsleistungen hin. Schließlich schenken die Kassen weder uns noch den Kunden etwas.“
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