OTC-Analgetika

Apotheker lehnen Warnhinweise ab APOTHEKE ADHOC, 13.05.2016 15:07 Uhr

Berlin - 

Die Bundesregierung will OTC-Analgetika mit deutlichen Warnhinweisen versehen. Dazu hat das Bundesgesundheitsministerium (BMG) eine Verordnung vorgelegt. Danach dürfen oral und rektal zu applizierende Schmerzmittel mit den Wirkstoffen Acetylsalicylsäure, Diclofenac, Ibuprofen, Naproxen, Paracetamol, Phenazon und Propyphenazon demnächst nur noch mit Warnhinweisen zur Einnahmedauer verkauft werden. Die ABDA und Arzneimittelkommission der Deutschen Apotheker (AMK) sehen dies kritisch.

Vorgesehen sind laut Verordnung zwei Hinweise: Ohne ärztlichen Rat sollen diese Arzneimittel bei Fieber nicht länger als drei Tage eingenommen werden. Bei Schmerzen soll spätestens nach vier Tagen ein Arzt konsultiert werden. Das BMG geht davon aus, dass allein 1743 Fertigarzneimittel die neuen Warnhinweise aufbringen müssen. Betroffen sind davon insgesamt 843 Hersteller.

Die AMK begrüßt grundsätzlich die Absicht, die Arzneimitteltherapiesicherheit im Bereich der Selbstmedikation mit Analgetika/Antipyretika zu verbessern. Sie teilt die Auffassung des BMG, wonach verschreibungsfreie Analgetika nur zeitlich begrenzt eingenommen werden sollten, weil eine länger dauernde Einnahme nicht verschreibungspflichtiger Wirkstoffe Acetylsalicylsäure, Phenazon, Propyphenazon beziehungsweise nicht opioide Analgetika/NSAR in nicht verschreibungspflichtigen Dosierungen (Diclofenac, Ibuprofen, Naproxen) Patienten schaden könnten.

Die verschreibungsfreien Analgetika seien für eine zeitlich begrenzte Anwendungsdauer zugelassen, wie aus den Gebrauchs- und Fachinformationen der betreffenden Arzneimittel hervorgehe. Die zeitliche Begrenzung der Anwendung sei zudem schon jetzt vielfach außen auf Analgetikapackungen angegeben. Als Ziel des Verordnungsvorhabens werde angeführt, teils schwere Risiken, die besonders bei längerfristiger Anwendung oder Überdosierung von OTC-Analgetika aufträten wie Blutungen, Perforationen oder Ulcera im Gastrointestinal-Trakt, das Herz-Kreislauf-System betreffende Wirkungen wie Schlaganfälle sowie Leber- und Nierenschäden begrenzen zu wollen.

Aus verschiedenen Studien sei bekannt, dass Verbraucher nicht immer ausreichend die in den Produktinformationen aufgeführten Warnhinweise und Kontraindikationen lesen und beachten. Ein Fünftel der Frauen und fast ein Drittel der Männer sollen die Anwendungsempfehlungen nicht kennen. „Die bibliographischen Daten dieser Publikationen werden leider nicht angegeben, so dass sie nicht nachvollziehbar sind. Hinweise auf häufige Gesundheitsschäden durch die Nichteinhaltung der begrenzten Anwendungsdauer werden in der Begründung nicht angegeben“, bemängelt die AMK.

Die genannten unerwünschten Wirkungen träten allerdings auch in der Regel nicht bei Anwendung über mehr als drei bis vier Tage, sondern zumeist erst bei langdauernder Behandlung über Wochen und Monate beziehungsweise bei akuter Überdosierung (Paracetamol-Intoxikation beziehungsweise NSAR – vor allem Diclofenac – bei akuter Nieren- beziehungsweise dekompensierter Herzinsuffizienz) auf.

Nach Auffassung der AMK sind die vorgesehenen Formulierungen der Warnhinweise für den Verbraucher nicht eindeutig und somit nicht zielführend: So bleibe beispielsweise unklar, wie viel Zeit vergehen müsse, bis eine erneute Anwendung über drei bis vier Tage möglich ist. Sinnvoll und angemessen wäre die Empfehlung, dann einen Arzt aufzusuchen, wenn die Erkrankung, die Schmerzen beziehungsweise Fieber verursacht, die Anwendung der Analgetika/Antipyretika über drei bis vier Tage hinaus erfordert.

Weiterhin kritisierten die Apotheker, dass für die unterschiedlichen Produkte in Abhängigkeit des Zulassungsstatus ein unterschiedlicher Wortlaut vorgesehen sei. Dies könne dazu führen, dass dem Patienten suggeriert werde, dass zwischen den einzelnen OTC-Produkten relevante Risikounterschiede bestünden. Dazu liege aber im Bereich der kurzfristigen Anwendung von OTC-Analgetika keine Evidenz vor. „Aus den genannten Gründen stimmen wir dem Entwurf der Analgetika-Warnhinweis-Verordnung nicht zu“, so die AMK.