Bundestag

Orientierungsdebatte zu Sterbehilfe

, Uhr
Berlin -

Der Bundestag will mit einer intensiven Debatte über die Themen Sterbebegleitung und Sterbehilfe eine breite öffentliche Diskussion anstoßen. Es handelt sich um eine sogenannte Orientierungsdebatte, für die knapp viereinhalb Stunden veranschlagt ist. Dem Bundestag liegen inzwischen Positionspapiere von fünf Parlamentariergruppen vor, die sich über Fraktionsgrenzen hinweg zusammengefunden haben.

Mit Ausnahme einer Gruppe von Linken- und Grünen-Abgeordneten sprechen sich alle Papiere gegen Sterbehilfevereine aus. Ein wesentlicher Teil der Diskussion konzentriert sich auf die Rolle der Ärzte bei einem assistierten Suizid. Weitgehende Übereinstimmung besteht darin, dass Palliativmedizin und Hospizversorgung zur Begleitung sterbenskranker Patienten flächendeckend ausgebaut werden muss.

Bis Ende Februar sollen Gesetzentwürfe vorliegen. Dann ist die erste Lesung geplant. In der zweiten Jahreshälfte 2015 will der Bundestag ein Gesetz verabschieden.

Bundesgesundheitsminister Hermann Gröhe (CDU) bekräftige seine Ablehnung gegen organisierte und kommerzielle Angebote der Sterbehilfe: „Ich wehre mich gegen eine Verklärung der Selbsttötung“, sagte er im ZDF-Morgenmagazin. „Das
als Akt wahrer Freiheit zu verklären, ist mir fremd.“ Gröhe betonte aber: „An der Straffreiheit der individuellen Selbsttötung und der Beihilfe dazu will ich selbstverständlich festhalten.“
Bundestagsvizepräsident Peter Hintze (CDU) will hingegen, dass der Arzt des Vertrauens dem schwer leidenden Sterbenden – auf Wunsch – ein tödliches Medikament zur Verfügung stellen kann, ohne in rechtliche Schwierigkeiten zu geraten. „In Grenzsituationen haben Menschen einen Anspruch, dass der Arzt ihnen beisteht, wenn sie sagen: Ich möchte jetzt friedlich entschlafen“, sagte Hintze im Deutschlandfunk.

Der Gesundheitspolitiker der CDU/CSU-Fraktion, Jens Spahn, sieht keine Notwendigkeit, die gesetzlichen Regelungen für Ärzte im Umgang mit sterbenskranken Menschen neu zu regeln: „Es braucht hier keine weitere Verrechtlichung des individuellen Arzt-Patienten-Verhältnisses, egal, was wir da tun, es wird eine schiefe Bahn eröffnen.“

Der CDU-Politiker bekräftigte die Position der Unionsmehrheit, dass es „kein gewerbliches Angebot oder gar Straßenwerbung für Sterbehilfe geben“ dürfe. „Der Tod ist keine Ware. Und die Beihilfe zum Suizid darf auch nicht den Eindruck selbstverständlichen ärztlichen Handelns bekommen, quasi gleich mit Abrechnungsziffer.“

Der Kölner Erzbischof Rainer Maria Kardinal Woelki sprach sich in der Frankfurter Allgemeinen Zeitung gegen eine ärztliche Beihilfe zum Suizid aus. „Es ist eine Perversion des Arztberufs, wenn Ärzte töten.“ Auch wenn nur ganz wenige Menschen ärztliche Suizidbeihilfe verlangten, wäre doch ihre ausdrückliche Erlaubnis eine schwere Beschädigung jeder Arzt-Patienten-Beziehung. Damit stiege auch der Druck auf Schwache, Alte und Kranke, die Gesellschaft „von sich zu entlasten“ und Selbstmord zu begehen.

Der Osnabrücker Bischof Franz-Josef Bode sagte der Neuen Osnabrücker Zeitung, Kirchen und Politiker müssten sich gemeinsam anstrengen, damit sich Menschen erst gar nicht Sterbehilfe wünschten. Der Vorschlag von Gröhe für ein Verbot der organisierten Sterbehilfe stehe der evangelischen und katholischen Kirche am nächsten, sagte Bode.

Der neue Ratsvorsitzende der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD), Heinrich Bedford-Strohm, warnte davor, das Tötungstabu aufzuweichen. „Das würden wir tun, wenn gesetzlich Situationen definiert würden, in denen Menschen sich töten lassen“, sagte der bayerische Landesbischof der Passauer Neuen Presse. Wer Kriterien als Rechtsgrundlage für ärztliche Suizidbeihilfe „gesetzlich festschreibt, schafft ein Recht auf Unterstützung bei der Selbsttötung“. Das sei für ihn die falsche Botschaft.

Newsletter
Das Wichtigste des Tages direkt in Ihr Postfach. Kostenlos!

Hinweis zum Newsletter & Datenschutz

Mehr aus Ressort
Apothekensterben beschleunigt sich
Fast 13 Schließungen auf eine Neueröffnung
Direkt vor den Landtagswahlen
28. August: Demos in Dresden und Erfurt

APOTHEKE ADHOC Debatte