Organspende: Kabinett billigt Klinik-Kontrolle APOTHEKE ADHOC, 31.10.2018 12:32 Uhr
Das Bundeskabinett hat mit einer Änderung des Transplantationsgesetzes (GZSO) Verbesserung der Zusammenarbeit und der Strukturen bei der Organspende in Krankenhäusern beschlossen. Außerdem erhalten die Kliniken mehr Geld. Damit soll die Zahl der Organspender steigen. Im vergangenen Jahr wurden nur 800 Organe gespendet – ein Tiefstand. Im zweiten Schritt hat Bundesgesundheitsminister Jens Spahn (CDU) eine Änderung des Organspenderechts angekündigt.
Spahn kommentiere den GZSO-Entwurf folgendermaßen: „Das Hauptproblem bei der Organspende ist nicht die Spendenbereitschaft. Die hat in den vergangenen Jahren sogar zugenommen. Ein entscheidender Schlüssel liegt vielmehr bei den Kliniken. Ihnen fehlen häufig Zeit und Geld, um mögliche Organspender zu identifizieren. Da setzen wir jetzt ganz konkret an. Losgelöst von der grundsätzlichen Debatte zur Widerspruchslösung sollten wir das Gesetz zügig beraten und beschließen. Denn es wird Leben retten. Das sind wir den zehntausend Menschen schuldig, die auf ein Spenderorgan warten.“
Jede Klinik soll künftig einen Transplantationsbeauftragten (TxB) erhalten, der als Klinikarzt für die Aufgaben von der sonstigen Arbeit freigestellt wird. Die Freistellung erfolgt auf der Grundlage der Anzahl der Intensivbehandlungsbetten in den Entnahmekrankenhäusern für einen definierten Stellenanteil von 0,1 Stellen je 10 Intensivbehandlungsbetten. Hat ein Entnahmekrankenhaus mehr als eine Intensivstation, soll für jede dieser Stationen mindestens ein Transplantationsbeauftragter bestellt werden. Die Kosten dafür müssen die Krankenkassen tragen. Die Kliniken müssen die korrekten Kosten nachweisen.
Die Rolle der Transplantationsbeauftragten in den Kliniken soll deutlich gestärkt werden: TxBs sind auf den Intensivstationen hinzuzuziehen, wenn Patienten nach ärztlicher Beurteilung als Organspender in Betracht kommen. Sie erhalten Zugangsrecht zu den Intensivstationen. TxB sind alle erforderlichen Informationen zur Auswertung des Spenderpotenzials zur Verfügung zu stellen. TxB sind für die fachspezifische Fort- und Weiterbildung freizustellen. Die Kosten dafür trägt die Klinik.
Die Entnahmekrankenhäuser werden künftig für den gesamten Prozessablauf einer Organspende besser vergütet. Sie erhalten einen Anspruch auf pauschale Abgeltung für die Leistungen, die sie im Rahmen des Organspendeprozesses erbringen. Zusätzlich erhalten sie einen Zuschlag als Ausgleich dafür, dass ihre Infrastruktur im Rahmen der Organspende in besonderem Maße in Anspruch genommen wird.
Kleinere Entnahmekrankenhäuser sollen durch qualifizierte Ärzte unterstützt erden. Dazu wird bundesweit und flächendeckend ein neurologischer/neurochirurgischer konsiliarärztlicher Rufbereitschaftsdienst eingerichtet. Dieser soll gewährleisten, dass jederzeit flächendeckend und regional qualifizierte Ärzte bei der Feststellung des irreversiblen Hirnfunktionsausfalls zur Verfügung stehen. GKV-Spitzenverband, Deutsche Krankenhausgesellschaft (DKG) und Bundesärztekammer (BÄK) müssen bis Ende 2019 eine geeignete Einrichtung mit der Organisation dieses Bereitschaftsdienstes zu beauftragen.
Zudem sollen potentielle Organspender besser erkannt und erfasst werden. Dazu wird bundesweit ein klinikinternes Berichtssystem für die Spendererkennung und Spendermeldung geschaffen. Dabei sollen die Gründe für eine nicht erfolgte Feststellung des irreversiblen Hirnfunktionsausfalls oder eine nicht erfolgte Meldung an die Koordinierungsstelle (DSO) intern erfasst und bewertet werden. Die Daten sollen von der Koordinierungsstelle ausgewertet werden. Die Ergebnisse sollen dann den Entnahmekrankenhäusern und den zuständigen Landesbehörden übermittelt und veröffentlicht werden. Abläufe und Zuständigkeiten müssen klar und nachvollziehbar dokumentiert werden. Die Kliniken müssen zukünftig verbindliche Verfahrensanweisungen erarbeiten, mit der die Zuständigkeiten und Handlungsabläufe für den gesamten Prozess einer Organspende festgelegt werden.
Unabhängig von diesem Gesetz wird demnächst im Bundestag über neue Organspende-Regeln diskutiert. Spahn hatte dazu aufgefordert, die derzeitige Zustimmungsregelung in eine Widerspruchsregelung umzukehren. Damit wäre automatisch jeder Bürger Organspender, der nicht ausdrücklich widerspricht. Dazu soll es im Bundestag eine fraktionsoffene Diskussion und Beschlussfassung geben. Spahn und SPD-Gesundheitsexperte Karl Lauterbach bereiten dazu einen sogenannten Gruppenantrag vor.