Tag der Organspende

Organspende: Interesse so stark wie nie

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Berlin -

Jedes Jahr findet am ersten Samstag im Juni der Tag der Organspende statt, um auf das Thema aufmerksam zu machen. Bereits zu Beginn des Jahres war es in den politischen Fokus gerückt. Doch wie läuft eine Organspende eigentlich ab und was gibt es zu beachten? Immer mehr Menschen lassen sich für eine Organspende registrieren.

Bei der Organspende handelt es sich um ein besonders sensibles Thema – schließlich wird entschieden, ob die Organe nach dem Tod für andere Menschen zur Verfügung gestellt werden sollen oder nicht. Eine solche Spende ist in Deutschland nur nach ausdrücklicher Zustimmung erlaubt. Zu Beginn des Jahres wurde über eine Änderung dieser Regelung debattiert. Es stand eine sogenannte „Widerspruchslösung“ im Raum: Jeder, der nicht ausdrücklich widerspricht, wäre somit automatisch Organspender gewesen. Ziel dieser Regelung sollte sein, dass mehr Organe zur Verfügung gestellt werden.

Die Meinungen dazu gingen weit auseinander. Schließlich lehnte der Bundestag die Widerspruchslösung ab – Organspenden bleiben in Deutschland daher weiterhin nur mit ausdrücklicher Zustimmung erlaubt. Die Bundesbürger sollen jedoch künftig verstärkt auf das Thema aufmerksam gemacht werden – mindestens alle zehn Jahre soll direkt beim Ausweisabholen auf das Thema angesprochen werden. In Kraft treten sollen die neuen Regeln voraussichtlich 2022.

Wegen Corona: Virtuelle Angebote und Aktionen

In diesem Jahr findet der Tag der Organspende rein virtuell mit verschiedenen Aktionen und Angeboten statt: Es wird auf das Thema Organspende aufmerksam gemacht und den Personen gedankt, die anderen Menschen durch eine Organspende Leben geschenkt haben. So wird beispielsweise die Aktion „Geschenkte Lebensjahre“, bei der die Empfänger eines Organs zeigen wie viele Lebensjahre sie durch den Erhalt des Organs geschenkt bekommen haben, mithilfe einer Bildergalerie durchgeführt: „Empfänger können ein Foto mit einem Schild ihrer geschenkten Lebensjahre hochladen. Aus allen Fotos entsteht ein Fotomosaik, das die Summe aller geschenkten Lebensjahre zeigt“, wird auf der Homepage erklärt.

Zahl der Organspender stark gestiegen

Laut der Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung (BZgA) stehen in Deutschland derzeit etwa 9500 Menschen auf der Warteliste für ein Spenderorgan. Die positive Einstellung der Menschen in Deutschland gegenüber einer Organ- und Gewebespende ist so hoch wie nie: Während es 2017 noch 797 Organspender gab, konnte 2018 ein Anstieg um 20 Prozent verzeichnet werden. Im Vergleich zu Anfang 2019 bis heute stiegen die Zahlen erneut um mehr als zehn Prozent an, die Nachfrage nach Organspendeausweisen stieg um ein Drittel – rund 1000 Organspender sind mittlerweile registriert. Auch Bundesgesundheitsminister Jens Spahn ruft anlässlich des Tages alle Bürgerinnen und Bürger dazu auf, eine persönliche Entscheidung zur Organspende zu treffen und diese zu dokumentieren: „Das Interesse am Thema ist groß wie nie. Die Zahl derjenigen, die einen Organspendeausweis ausgefüllt haben, ist gestiegen. Die Zahl der tatsächlichen Organspenden auch. Diesen Rückenwind sollten wir jetzt gemeinsam nutzen.“

Was kann gespendet werden?

Oft ist nicht klar, was überhaupt gespendet werden kann: Neben Nieren und Herz können nach dem Tod auch Lunge, Leber, Bauchspeicheldrüse und Dünndarm zur Verfügung gestellt werden. Auch einige Gewebe können gespendet werden: darunter Herzklappen, Blutgefäße, Augenhornhaut, Hautgewebe, Knochen, Weichteile und die sogenannten „Inselzellen“. Manche dieser Gewebe können bereits zu Lebzeiten gespendet werden. Im Organspendeausweis kann festgehalten werden, welche Organe und Gewebe gespendet werden sollen oder nicht.

Wie läuft eine Organspende ab?

Immer wieder wird darauf hingewiesen, wie wichtig es ist, diesbezüglich eine Entscheidung für den Ernstfall zu treffen. Doch wie läuft eine Organspende überhaupt ab? Hat man sich entschieden nach dem Tod Organe zu spenden, so müssen einige Kriterien erfüllt sein. Grundvoraussetzung ist die Feststellung eines unumkehrbaren Ausfalls der gesamten Hirnfunktion – der sogenannte „Hirntod“. Damit die Organe jedoch bis zur Transplantation weiter durchblutet sind und mit Sauerstoff versorgt werden, muss das Herz-Kreislauf-System künstlich auf einer Intensivstation weiter aufrechterhalten werden. Zudem muss entschieden werden, ob eine Spende medizinisch überhaupt in Frage kommt.

In eine Organspende werden auch die Angehörigen des Spenders einbezogen, was sich jedoch oft problematisch darstellt. Denn vor allem bei einem plötzlichen Unfalltod stehen die Angehörigen unter Schock. Durch das Aufrechterhalten des Herz-Kreislauf-Systems wird bei ihnen häufig ein falscher Eindruck vermittelt und die Hoffnung auf ein Weiterleben des Verstorbenen erhöht. Viele haben Sorge, dass der Patient fälschlicherweise für tot erklärt wurde – dass der Körper nur noch künstlich versorgt wird, ist schwer zu verstehen: Schließlich ist die Haut noch warm und das Herz schlägt noch.

Wenn der Verstorbene zu Lebzeiten eine eindeutige Entscheidung getroffen hat, müssen die Angehörigen nicht über die Organspende entscheiden. Ist dies jedoch nicht der Fall, so obliegt es ihnen, nach dem mutmaßlichen Willen des Toten zu handeln. Bei einem Widerspruch dürfen keine Organe entnommen werden, die intensivmedizinischen Maßnahmen werden dann zeitnah eingestellt.

Wird einer Spende zugestimmt, informiert das Krankenhaus die Deutsche Stiftung Organtransplantation (DSO). Diese koordiniert die Organspende, unterstützt wo notwendig und begleitet den Prozess bis zum Transport des Spenderorgans zum Empfänger. Außerdem sendet die die erforderlichen medizinischen Daten der Spender an die Vermittlungsstelle Eurotransplant für die Zuteilung der Organe an die passenden Patienten.

Wann kommt ein Organ in Frage?

Um festzustellen, ob ein gespendetes Organ für den Empfänger in Frage kommt, werden verschiedene Tests durchgeführt: Die Organe werden zum einen medizinisch untersucht. Dabei werden Gewebemerkmale – die sogenannten „HLA-Antigene“ festgestellt und ein Blutgruppentest durchgeführt. Teilweise spielen auch Körpergröße, Alter und Gewicht eine Rolle. Sind alle Kriterien erfüllt, kann das Organ entnommen werden. Dies geschieht unter ähnlichen Bedingungen, wie bei einer OP eines lebenden Menschen. Allerdings bekommt der Spender keine Narkose oder Schmerzmittel verabreicht, da durch den Hirntod ohnehin keine Schmerzwahrnehmung mehr stattfinden kann. Es werden jedoch Medikamente verabreicht, die die Reflexe auf Rückenmarksebene hemmen, um unwillkürliche Bewegungen durch noch vorhandene Impulse zu verhindern.

Nach der Entnahme werden die Wunden verschlossen, die Geräte abgestellt und der Leichnam wie üblich zur Bestattung übergeben, damit die Angehörigen Abschied nehmen können. Da das Organ nach der Entfernung aus dem Körper von der Sauerstoffzufuhr abgeschnitten ist, muss es danach schnell gehen. Der Empfänger wird daher rechtzeitig informiert und bereits auf den Eingriff vorbereitet. Die Zeit zwischen Entnahme und Transplantation nennt man „Ischämiezeit“ – sie ist für das Spenderorgan kritisch, da die fehlende Durchblutung das Organ schädigen kann. Die Organe werden während dieser Zeit konserviert und gekühlt und dann unmittelbar an den Empfänger weitergeleitet.

Die Zeit nach der Spende

Doch eine Organspende funktioniert nicht immer: Selbst, wenn das Organ erfolgreich transplantiert wurde, steht dem Empfänger noch ein langer und kritischer Weg bevor. Denn es besteht immer die Gefahr der Abstoßung durch den eigenen Körper. Das Immunsystem erkennt das Organ in diesem Fall als körperfremd. Um eine solche Reaktion zu vermeiden, erhält der Empfänger Immunsuppressiva, diese erhöhen die Aussichten auf eine Annahme des Organs, gehen jedoch auch mit starken Wechselwirkungen einher.

Transplantation damals und heute

Die erste Organtransplantation fand 1954 in den USA statt – Ärzte verpflanzten damals erfolgreich eine Niere. Mittlerweile gibt es allein in Deutschland etwa 50 Transplantationszentren. Insgesamt wurden in Deutschland bisher mehr als 120.000 Organe übertragen – durchschnittlich macht das etwa 3000 Organe pro Jahr, mehr als die Hälfte davon sind Spendernieren. Die langfristigen Erfolgsaussichten sind mittlerweile stark angestiegen: So funktionieren von 100 transplantierten Nieren ein Jahr nach der Operation noch 85, nach fünf Jahren sind es noch 75.

Auch bei Herztransplantationen haben sich die Chancen stark verbessert: Nach der ersten Herzverpflanzung im Jahr 1967 überlebte der transplantierte Patient nur 18 Tage mit dem neuen Herz. Heute arbeiten von 100 transplantierten Herzen noch etwa 75 ein Jahr nach der Operation, nach fünf Jahren sind es noch 65.

 

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