Organisierte Arzneikriminalität übers Web Yvette Meißner, 28.03.2008 14:43 Uhr
Das Bundeskriminalamt (BKA) warnt eindringlich vor dem illegalen Versandhandel von Medikamenten über das Internet. Verbraucher, die gefälschte Arzneimittel einnehmen, könnten gesundheitliche Schäden davon tragen und ihr Leben aufs Spiel setzen, so das BKA in ihrem Jahresbericht 2007. Die Arzneimittelkriminalität nehme derzeit zu, beklagt die Behörde.
So geht das BKA nach ersten Erhebungen von rund 2400 Fällen im vergangenen Jahr aus. Vor allem der illegale Handel mit Medikamenten im Internet habe deutlich zugenommen. Das zeigt auch eine vom BKA im November 2007 veröffentlichte Studie.
Das Bundesministerium für Gesundheit (BMG) wollte sich zu den Zahlen noch nicht äußern. „Arzneimittelfälschungen sind ein Delikt, welches durch Polizeibehörden überwacht wird“, so eine Sprecherin gegenüber APOTHEKE ADHOC. Sie sagte, dass zunächst die entsprechende Fachabteilung die Angaben prüfen müsse.
Auch der Zoll hatte vor kurzem auf das Problem gefälschter Arzneimittel aufmerksam gemacht: 2006 stellten die Fahnder Medikamentenfälschungen im Wert von 2,5 Millionen Euro sicher. Ein Jahr später hatte sich dieser Betrag schon mehr als verdreifacht - auf 8,3 Millionen Euro.
Das BKA geht davon aus, dass die Anbieter gefälschter Medikamente international organisiert sind und konspirative Handelsstrukturen nutzen. Die Weltgesundheitsorganisation (WHO) hat eine Arbeitsgemeinschaft eingerichtet. „Wir engagieren uns über die WHO, um das Problem der Arzneimittelfälschungen weltweit anzugehen“, so die Sprecherin des BMG.
Politik und Verbände zeigen sich über die Entwicklung deutlich beunruhigt. Bundesfinanzminister Peer Steinbrück (SPD) warnte vor „gefährlichen Nebenwirkungen, auf die kein Beipackzettel, kein Arzt und Apotheker hinweist“. Nach Ansicht der ABDA - Bundesvereinigung Deutscher Apothekerverbände verdeutlichen die aktuellen BKA-Zahlen, dass „das Internet das Einfallstor der organisierten Kriminalität beim Handel mit Medikamenten ist“. ABDA-Präsident Heinz-Günter Wolf forderte die Politik, Behörden und die Gesellschaft auf, die organisierte Arzneimittelkriminalität zu bekämpfen.
Die WHO geht davon aus, dass in Industrieländern bis zu 1 Prozent der Arzneimittel gefälscht sind. In vielen afrikanischen Ländern, Teilen Asiens und Südamerikas kann der Anteil der Fälschungen bis zu 30 Prozent, in den Ländern der ehemaligen Sowjetunion bis zu 20 Prozent betragen. Der Umsatz mit gefälschten Medikamenten wird 2010 weltweit 75 Milliarden US-Dollar betragen. Das ist eine Zunahme um 90 Prozent im Vergleich zu 2005, warnt die WHO.