Operationen: Finanzministerium zweifelt APOTHEKE ADHOC, 20.06.2018 12:01 Uhr
Ein schneller OP-Termin für Bandscheibe, Knie, Hüfte oder Bypass – das kann ein Hinweis darauf sein, dass der Eingriff erstens überflüssig ist und zweitens der Umsatzsteigerung des jeweiligen Krankenhauses dient. Das ist das Ergebnis eines neuen Gutachtens aus dem Bundesfinanzministerium (BMF) mit dem Titel „Über - und Fehlversorgung in deutschen Krankenhäusern: Gründe und Reformoptionen”.
Die Fallzahlsteigerungen in bestimmten Bereichen sind auch der Anlass für die Analyse des BMF-Beirats gewesen. Laut Gutachten ist die Ursache schnell ausgemacht: Deutschland hat zuviele Krankenhäuser. Längst üblich sind in zahlreichen Kliniken Visiten, bei denen die Kosten-Nutzen-Optimierer aus der Verwaltung mitlaufen. Damit die Einrichtungen wirtschaftlich arbeiten, ist das Prinzip von der Nachfrage, die das Angebot regelt, im Laufe der Jahre umgedreht worden auf ein Überangebot an Kliniken, die sich über entsprechende OP-Diagnosen die Einnahmen beschaffen.
52 Prozent aller Kliniken in Deutschland haben weniger als 200 Betten, was ihnen laut Gutachten ein normales Wirtschaften unmöglich macht. Noch deutlicher wird das Gutachten an dieser Stelle mit Blick auf die Querfinanzierung eigentlich nicht rentabler Krankenhäuser. Mit dem politischen Gütesiegel der „wohnortnahen Versorgung” würden sie weiterfinanziert über die Krankenversicherungen und ihre Beitragszahler, obwohl sie längst ineffizient seien.
Während es in Deutschland knapp 1400 Krankenhäuser gibt und somit auf 1000 Einwohner rechnerisch gut sechs Klinikbetten kommen, leistet sich Nachbar Dänemark nur 2,5 Betten pro 1000 Einwohner. Auf dänische Verhältnisse umgerechnet hätte Deutschland dann vergleichbar weniger als 400 Krankenhäuser. Die wären dann aber alle mit eigenem Computertomographen (CT) und Intensivbetten ausgestattet. Tatsächlich verfügt derzeit jedes fünfte Krankenhaus über kein eigenes Intensivbett, 34 Prozent haben keinen eigenen CT.
Der Beirat kommt denn auch zu dem Ergebnis, dass Krankenkassen und Leistungserbringern das Recht eingeräumt werden sollte, Krankenhäuser zu schließen und Schwerpunkte in der medizinischen Versorgung zu bündeln. Darüber hinaus erarbeitete der Beirat Vorschläge für eine Neugestaltung der Investitionsfinanzierung der Krankenhäuser. Auch diese könnte auf die Krankenkassen übergehen.