Tele-Dermatologie

Onlinedoctor: Dermatologen warnen vor ihrer eigenen Errungenschaft

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Berlin -

Eigentlich ist es eine Erfolgsmeldung für den Berufsverband der Deutschen Dermatologen (BVDD): Fast auf den Tag genau ein Jahr nachdem das von ihm geförderte Telemedizin-Portal OnlineDoctor.de ans Netz gegangen ist, hat die Techniker Krankenkasse (TK) das Tool für Ersteinschätzungen in ihren Leistungskatalog aufgenommen. TK-Versicherte können es nun kostenlos nutzen. Doch für BVDD-Präsident Dr. Klaus Strömer ist das nicht nur Grund zur Freude: Er befürchtet, dass der digitale Dienst zu einer Verschlechterung der Rahmenbedingungen für seinen Berufsstand führt.

Die Idee hinter Onlinedoctor ist so einfach wie bestechend: Für eine Ersteinschätzung reicht meist ein Blick des Dermatologen auf die fragliche Hautstelle. Der Patient muss dafür also nicht erst einen Facharzttermin abwarten – gesetzlich Versicherte wissen, wie lange das dauert – sondern kann über das Online-Portal ein Foto einsenden. Der Arzt hat dann 48 Stunden Zeit für die Auswertung der Bilder. Onlinedoctor ist damit anders als Teleclinic, Kry oder andere Telemedizin-Anbieter asynchron. Erkennt der Dermatologe einen Notfall, meldet er sich zurück und der Nutzer kann direkt einen Termin vereinbaren. Die Ärzte erhalten pro Ersteinschätzung 25 Euro, Patienten mussten für die Leistung bisher 39 Euro pro Befund selbst zahlen. Rund 20.000 haben das nach Unternehmensangaben bis dato getan.

Seit Anfang November müssen das zumindest TK-Versicherte nicht mehr: Als erste gesetzliche Krankenkasse hat die TK einen Vertrag mit Onlinedoctor geschlossen und ihren Versicherten eine kostenlose Nutzung ermöglicht. Zur Nutzung müssen sie dem Dienstleister lediglich ihren Namen, Versichertennummer und einige Kontaktdaten angeben sowie ein Foto ihrer Versichertenkarte hochladen. „Gerade für mobile Menschen mit viel Hektik im Berufsalltag, aber auch mit Blick auf den Infektionsschutz in Corona-Zeiten, ist das eine hochattraktive und innovative Lösung“, sagt der TK-Vorstandsvorsitzende Dr. Jens Baas.

Für Onlinedoctor ist das der große Wurf. „Ich freue mich, dass wir die TK mit ihren 10,7 Millionen Versicherten von uns überzeugen konnten. Für uns ist das ein toller Erfolg und ein Durchbruch für unser Geschäftsmodell“, sagt Geschäftsführerin Leonie Sommer. Und auch der BVDD hat eigentlich Grund zu feiern: „Wir freuen uns als BVDD darüber, dass ein Start-up, das wir auf dem Weg in das deutsche Gesundheitswesen intensiv unterstützt und begleitet haben, mit diesem Schritt ein weiteres wichtiges Ziel erreicht hat“, so Strömer. „Der Zugang zum ersten Gesundheitsmarkt ist für jedes Start-up ein Meilenstein.“ Der BVDD habe dabei als eng kooperierender Partner des Unternehmens erheblichen Anteil an diesem Erfolg.

Doch nur kurz, nachdem der Durchbruch bekannt wurde, zeigte sich Strömer auch schon besorgt: „Die Entwicklung birgt aber auch Gefahren, die nicht unterschätzt werden dürfen“, warnt er. Denn zwar vergrößere sich durch den Abschluss des bundesweiten Vertrags mit der TK die Zielgruppe für die teilnehmenden Hautärzte schlagartig, dafür müssten sie aber Abstriche bei der Honorierung in Kauf nehmen. „Zudem ist nach den bisherigen Erfahrungen bei der Auflichtmikroskopie, der Laserepilation oder der synchronen Videosprechstunde kein Vertrauen mehr in die Selbstverwaltung vorhanden, faire Rahmenbedingungen bei der Überführung von Leistungen in den Katalog der gesetzlichen Krankenkassen zu bekommen“, kritisiert.

Die Auflichtmikroskopie beim gesetzlichen Hautkrebsscreening, die Laserepilation bei Transsexuellen und die Videosprechstunde seien nämlich bei der Aufnahme in den GKV-Katalog so weit abgewertet worden, dass sie als Einzelleistung nicht mehr wirtschaftlich erbracht werden können.

Aus Sicht Strömers hat sich sein Berufsstand erneut als digitaler Vorreiter bewiesen, wird dafür aber absehbarer Weise wohl nicht ausreichend entlohnt werden. „So innovativ unsere Fachgruppe sich auch an der Struktur und Qualitätssicherung beteiligt, so stark bleibt die Forderung nach einer auskömmlichen Honorierung unserer Pionierarbeit“, so Strömer. „Sollte der Store-and-forward-Technologie auf dem Weg in die Regelversorgung die gleiche Ignoranz begegnen, die wir auf Seiten der Entscheider im System bei der synchronen Videosprechstunde erleben mussten, wird sie scheitern. Das weiß auch der Minister.“ Es bleibe deshalb abzuwarten, wie sich die Rahmenbedingungen entwickeln. „An der Bereitschaft der Dermatologie wird der digitale Fortschritt in Deutschland nicht scheitern. Wir haben ein weiteres Mal bewiesen, dass wir unsere Verantwortung für unsere Patienten ernst nehmen und zukunftsweisende Entwicklungen in gemeinsamer Partnerschaft mit Wissenschaft und Unternehmen kompetent und erfolgreich vorantreiben können“, so Strömer.

 

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