Onkologie

Haucap: Apothekengewinne sollen Arztpraxen retten

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Berlin -

Die niedergelassenen Onkologen fühlen sich von den Krankenhäusern übervorteilt: Im Wettbewerb um die ambulante onkologische Versorgung stünden die Kliniken deutlich besser da – auch dank der Quersubventionierung durch die eigenen Krankenhausapotheken, kritisiert der Berufsverband der Niedergelassenen Hämatologen und Onkologen in Deutschland (BNHO). Daher sollten Kliniken nicht mehr an den Profiten ihrer Apotheken beteiligt werden. Alternativ müsste es niedergelassenen Ärzten erlaubt werden, an den Gewinnen öffentlicher Apotheken teilzuhaben.

Aus Sicht des BNHO setzt der Gesetzgeber seit einigen Jahren immer mehr auf Wettbewerb. „Vor diesem Hintergrund vollzieht sich seit einigen Jahren eine Öffnung der Krankenhäuser für die ambulante Versorgung“, erklärte der BNHO-Vorsitzende Professor Dr. Stephan Schmitz. Ein bevorzugtes Investitionsfeld für viele Krankenhäuser sei die ambulante onkologische Versorgung. Mit geringem technischen Erstellungsaufwand winkten den Häusern hohe Renditemöglichkeiten, indem die vorhandenen Infrastrukturen ausgelastet würden.

Schmitz sieht diese Entwicklung kritisch und sprach von einem „Verdrängungswettbewerb“. Unterstützung bekam er vom Vorsitzenden der Kassenärztlichen Bundesvereinigung (KBV), Dr. Andreas Gassen: „Wir haben es mit einer Frischzellenkur auf Kosten der niedergelassenen Onkologen und Hämatologen zu tun“, kritisierte er. Die Sektorengrenzen würden zwar durchlässiger – aber nur in eine Richtung.

Um die Folgen der Entwicklung zu untersuchen, hat der BNHO ein Gutachten beim Düsseldorfer Institut für Wettbewerbsökonomie (DICE) in Auftrag gegeben. Die Autoren kommen zu dem Schluss, dass Ärzte und Krankenhäuser unter ungleichen Wettbewerbsbedingungen konkurrieren. CIDE-Direktor Professor Dr. Justus Haucup sieht verschiedene Ursachen: Klinikbetreiber könnten ihr Angebot strategisch ausrichten, Patienten zum Zweck der Erlösmaximierung wählen und lenken sowie Leistungen quersubventionieren – besonders durch die eigene Apotheke.

Dass Kliniken von den Gewinnen ihrer Apotheken profitieren, hält Haucap auf mehreren Ebenen für problematisch: Zum einen habe ein niedergelassener Onkologe diese Möglichkeit nicht. „Er kann nicht etwaige Gewinne, die in einer Apotheke anfallen, mitverrechnen.“ Kritisch sieht Haucap zum anderen aber auch, dass es in der Klinik keine klare Trennung zwischen Verordnung und Abgabe gebe. Es stelle sich die Frage, ob Patienten im Krankenhaus gehalten würden, weil sie für die Apotheke wirtschaftlich interessant seien. Auch bei der Wahl des Arzneimittels könnten die Ärzte davon beeinflusst sein, ob die Marge für die Klinik niedrig oder hoch ausfalle.

Als Beispiel führt Haucap das Universitätsklinikum Schleswig-Holstein an, das seit 2007 über eine eigene Krankenhausapotheke verfügt. Die Arzneimittelumsätze seien von 54,3 Millionen Euro im Jahr 2008 auf 75,1 Millionen Euro im Jahr 2012 gestiegen. Die Überschüsse bezifferte der Landesrechnungshof Schleswig-Holstein auf 7,7 Millionen Euro. Haucap kommt zu dem Schluss, dass eine Reihe von Therapien ohne die Quersubventionierung durch die Krankenhausapotheke defizitär wären.

Haucap befürchtet, dass die Fachärzte durch diese Diskrepanz langfristig ausgedünnt werden. Wenn aber ein Facharzt seine Praxis aufgeben müsse, dann bestehe die Gefahr von Unterversorgung und lokaler Monopole. Fehlten der Konkurrenzdruck für die Kliniken und die Möglichkeit einer zweiten Meinung, werde die Versorgung verschlechtert. Der Wettbewerb werde auf lange Sicht maßgeblich behindert.

Der ehemalige Vorsitzende der Monopolkommission empfiehlt daher eine stärkere Verzahnung von Kliniken und Fachärzten. Außerdem sollten die Kooperationsmöglichkeiten außerhalb von Krankenhäusern verbessert werden, etwa von Fachärzten und Apotheken. Diese Netze könnten dann in Konkurrenz zum Kliniksektor treten.

Auch die Rolle der Apotheken muss sich dabei ändern. Er sieht zwei Möglichkeiten: Einerseits könnten Kliniken auf die Profite aus ihren Apotheken verzichten – seiner Meinung nach die „ordnungspolitisch sauberere Lösung“. Andererseits könnten Ärzte über Verträge oder Joint Ventures an den Gewinnen der Apotheken partizipieren.

Für Schmitz ist klar: „Dass Krankenhausbetreiber nicht an den Profit der Apotheken kommen – das wäre mir am liebsten.“ Dies würde Verflechtungen zwischen niedergelassenen Ärzten und Apotheken unnötig machen, sodass keine Fehlanreize entstehen könnten. „Aber das ist eine Entscheidung der Politik, die bewusst getroffen werden muss“, betont Schmitz. Haucap hält die Variante, bei der die Rolle der Krankenhausapotheken reduziert wird, für die „weniger realistische Option“. Da das Defizit aber abgestellt werden müsse, sei die zweitbeste Lösung besser als gar keine.

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