AOK-Rabattverträge

„Oligopole waren gestern“ Alexander Müller, 30.03.2010 13:57 Uhr

Berlin - 

520 Millionen Euro will die AOK in diesem Jahr mit ihren Rabattverträgen einsparen. Seit 2007 habe das AOK-System damit ein Einsparvolumen von 1 Milliarde Euro ausgehandelt, verkündete AOK-Rabattchef Dr. Christopher Hermann heute in Berlin. Für die Pläne des Bundesgesundheitsministers Dr. Philipp Rösler (FDP), die Rabattverträge zu entschärfen, hat er überhaupt kein Verständnis.

Die am Donnerstag startende vierte Rabattrunde über 80 Wirkstoffe bewertet Hermann als vollen Erfolg: „Einige Rabattgebote waren in Bereichen, die wir für wenig wahrscheinlich gehalten hatten; jenseits der 90 Prozent“, sagte Hermann. Wegen des Vorwurfs der Dumpingpreise hatte die AOK ein Wirtschaftsprüfungsunternehmen damit beauftragt, die Angebote der Unternehmen auf Plausibilität abzuklopfen. Nur in einem Fall habe die Kasse einen Anbieter ausschließen müssen, teilte Hermann mit. Auch rechtlich sei diese Ausschreibung „geräuschlos“ über die Bühne gegangen, nachdem man sich in den Jahren zuvor bis aufs Messer bekämpft habe, so Hermann.

Der AOK-Rabattchef nimmt für seine Verträge in Anspruch, das Oligopol der großen Generikahersteller gebrochen zu haben: Der Marktanteil der drei größten Generikaunternehmen sei in den vergangenen Jahren leicht gesunken - nach markanten Zuwachsraten vor Start der ersten Rabattverträge. „Oligopole waren gestern, Angebotsvielfalt ist heute“, so Hermann. Die AOK habe in der vierten Rabattrunde mit 39 verschiedenen Unternehmen 715 Einzelverträge geschlossen. Allerdings hat nach Angaben der Kasse in gut 80 Prozent der Fälle nur ein Unternehmen in allen fünf Gebietslosen den Zuschlag erhalten.

Deshalb ist Hermann gegen Röslers Idee von einer Mehrkostenregelung, bei der Versicherte mittels Aufzahlung ihr gewohntes Präparat erhalten können: „Mit den Rabattverträgen sind die Verbindungen der Industrie zu den Ärzten und Apothekern gekappt oder zumindest geschwächt worden. Wer daran jetzt wieder etwas ändern wollte - wie wir es in den Eckpunkten lesen - legt die Axt an dieses erfolgreiche Steuerungsinstrument“, sagte Hermann. Er fürchtet, dass dann die Generikahersteller „wieder die Abgabe am Counter beherrschen“ würden. „Die Verlagerung zurück in die Apotheke ist der völlig falsche Weg“, so Hermann.

Während die neue Rabattrunde im vergangenen Jahr noch gemeinsam mit den Apothekern vorgestellt wurde, hatte sich Hermann diesmal die Unterstützung des Deutschen Hausärzteverbandes gesichert. Dessen Vorsitzender Ulrich Weigeldt lobte dann auch die Rabattverträge als wirksames Sparinstrument ohne Qualitätsverluste in der Versorgung. Eine Mehrkostenregelung hält dagegen auch er für „gut gemeint, aber gefährlich“, weil die Patienten das Gefühl bekommen könnten, über den Rabattvertrag ein schlechteres Präparat zu erhalten.

Die AOK hat sich außerdem mit einer Umfrage abgesichert, die unter mehr als 3000 Versicherten der Kasse durchgeführt wurde. Demnach bewerten mehr als die Hälfte der Versicherten die Möglichkeit, Rabattverträge zu schließen, als positiv; nur 15 Prozent sprachen sich dagegen aus. Bei der Auswahl zwischen Rabattvertrag und Beitragserhöhung war die Verteilung laut Befragung noch eindeutiger.

Auch deshalb will die AOK unbenommen der politischen Ankündigungen noch im April eine fünfte Ausschreibung starten. Die Verträge sollen im Oktober in Kraft treten und wie gewohnt zwei Jahre laufen. Auch an den exklusiven Zuschlägen und den Gebietslosen hält die AOK fest. Bedeutendster Wirkstoff wird Clopidogrel sein. Damit wäre laut Hermann im wesentlichen der gesamte Generikamarkt bei der AOK unter Rabattvertrag.