Das vom Bundesgesundheitsminister Jens Spahn (CDU) geplante Rx-Boni-Verbot wird nur den GKV-Bereich betreffen. Aber Privatversicherte dürfen ohnehin nicht von den Boni ausländischer Versandapotheken profitieren, wie das Oberlandesgericht Naumburg (OLG) erneut bestätigt. Die Entscheidung ist allerdings noch nicht rechtskräftig.
Die niederländische Versandapotheke DocMorris hatte dem Kunden eine „Rezeptkopie zur Vorlage bei Ihrer Krankenkasse“ überlassen. Das Problem: Der gewährte Bonus war darauf nicht ausgewiesen. Schon in der Vorinstanz hatte das Landgericht Stendal dazu bemerkt, DocMorris stifte die Kunden mit der unvollständigen Bescheinigung zum Betrug an der Versicherung an, zumindest entsprechende Anreize gesetzt.
Das OLG Naumburg diese Entscheidung nun bestätigt, die Urteilsgründe liegen allerdings noch nicht vor. Das OLG hat der Versandapotheken außerdem verboten, dass personenübergreifende Kundenkonten ohne Einwilligung des Patienten angelegt werden dürfen. DocMorris kann gegen die Entscheidung noch in Revision zum Bundesgerichtshof (BGH) gehen.
Im Verfahren hatte die Versandapotheke sich mit verschiedenen Argumenten gegen die Vorwürfe zur Wehr gesetzt. Eines davon: Auch innerhalb der PKV sei spätestens seit dem EuGH-Urteil im Oktober 2016 bekannt, dass DocMorris Rx-Boni gewähre. Es habe aber nie jemand verlangt, dass die Boni auf der Rezeptkopie ausgewiesen würden. Außerdem stünden die Rabatte den Kunden zu und nicht der Versicherung.
Das hatte schon das Landgericht Stendal völlig anders gesehen: Durch Vorlage einer Rezeptkopie ohne Ausweisung der erhaltenen Boni begehe der Patient einen Betrug zu Lasten seiner Versicherung. Diese gehe nämlich dann davon aus, dass der Versicherte den vollen Betrag bezahlt habe. Bei einer privaten Krankenversicherung erstrecke sich der Schutz aber nur auf tatsächlich erbrachte Leistungen, gemäß dem „Grundsatz der konkreten Bedarfsdeckung“.
Die Versandapotheke war aber auch von der anderen Seite gekommen: Man verleite die Kunden nicht dazu, die Quittungen rechtsmissbräuchlich zu verwenden. Wenn der Kunde seiner Versicherung die Rezeptkopie, und nur diese, vorlege, könne das der Versandapotheke nicht angelastet werden, so die Argumentation. An dieser Stelle war offenbar keine Rede mehr davon, wem die Boni aus Sicht von DocMorris eigentlich zustehen.
Sollte auch das OLG in seiner noch ausstehenden Begründung hier explizit eine Anstiftung zum Versicherungsbetrug erkennen und die doppelten Quittungen damit verbieten, wäre der Bezug verschreibungspflichtiger Arzneimittel für Privatversicherte deutlich unattraktiver. Damit wäre die Lücke geschlossen, die das Apothekenstärkungsgesetz (VOASG) lässt. Denn mit der Verlagerung des Boni-Verbots ins Sozialgesetzbuch, gilt dieses nur für die gesetzliche Krankenversicherung.
Wann das VOASG im Bundestag besprochen wird, ist noch offen. Zunächst will die Regierung das Votum aus Brüssel abwarten. Die EU-Kommission soll mitteilen, ob die geplante Regelung aus ihrer Sicht mit dem EU-Recht kompatibel ist. Erst danach will der nationale Gesetzgeber die nächsten Schritte gehen.
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