Rx-Boni

Preisbindung: Bundesregierung soll liefern

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Berlin -

Die Debatte um Rx-Boni ausländischer Versandapotheken ist seit dem EuGH-Urteil keineswegs abgeschlossen. Jetzt hat das Oberlandesgericht München (OLG) in einem zwischenzeitlich ausgesetzten Verfahren des Bayerischen Apothekerverbands (BAV) gegen DocMorris die Bundesregierung aufgefordert, weitere Daten zu liefern.

In dem Streit ging es ursprünglich um Boni der niederländische Versandapotheke Wellsana, die DocMorris 2013 übernommen hatte. Das OLG München hatte sein Verfahren ausgesetzt, nachdem das OLG Düsseldorf einen ähnlich gelagerten Rechtsstreit zur Vorabentscheidung nach Luxemburg geschickt hatte. Der EuGH hatte im Oktober 2016 entschieden, dass sich DocMorris & Co. nicht an die deutsche Preisbindung halten müssen.

Nach der Entscheidung aus Luxemburg sind mehrere Verfahren wieder aufgelegt. Das OLG München hat sich entschieden, von der Bundesregierung eine amtliche Auskunft einzuholen. Berlin soll weitere Daten und Fakten, zur Geeignetheit, Erforderlichkeit und Angemessenheit der Arzneimittelpreisverordnung zur Sicherstellung der ordnungsgemäßen Versorgung der Bevölkerung mit Arzneimitteln liefern – also die Preisbindung begründen. In der Sache hat das OLG nicht entschieden.

Der BAV begrüßt die Entscheidung. „Es wird sich zeigen, dass die Arzneimittelpreisverordnung das maßgebliche Instrument zur Sicherstellung der ordnungsgemäßen Arzneimittelversorgung der Bevölkerung gerade auch in ländlichen Regionen, insbesondere auch im Nacht- und Notdienst ist“, so ein Sprecher des Verbands. Der erste Schritt zur Korrektur des EuGH-Urteil sei damit getan.

Hinter diesem Vorgehen des OLG dürfte eine Entscheidung des Bundesgerichtshofs (BGH) stehen. Die Karlsruher Richter hatten im Mai 2017 entschieden, dass sich der EuGH womöglich noch einmal mit dem Thema Rx-Boni befassen muss. In dem Verfahren ging es um die Freundschaftswerbung von DocMorris, geklagt hatte die Apothekerkammer Nordrhein (AKNR).

Kunden konnten bis zu 10 Euro bekommen, wenn sie Bekannte dazu brachten, ein Rezept einzuschicken. Ab dem zweiten geworbenen Neukunden gab es 10 Prozent Rabatt auf nicht verschreibungspflichtige Produkte. Da Rx-Boni nach der bisherigen Rechtsauffassung unzulässig waren, sollten es auch Gutschriften für Dritte sein, so die Überzeugung der Kammer Nordrhein

Das OLG Köln verbot die Sofortprämie, erlaubte aber den OTC-Rabatt. In Düsseldorf rechnete man damit, dass der BGH, dessen Rechtssprechung zu Rx-Boni jahrelang eindeutig war, sich in dem Fall zu den neuen Vorzeichen äußern oder den Fall sogar beim Bundesverfassungsgericht (BVerfG) vorlegen würde. Doch im November wies der BGH die Sache aus formalen Gründen zurück, ohne sich inhaltlich mit der Zulässigkeit von Rx-Boni zu beschäftigen. In den Urteilsgründen wurde der BGH deutlich: Demnach könne auch nach dem EuGH-Urteil nicht abschließend beurteilt werden, ob die deutsche Rx-Festpreisbindung mit EU-Recht vereinbar ist.

Das hängt aus Sicht der Karlsruher Richter damit zusammen, dass die Entscheidung zu den Rx-Boni von DocMorris „maßgeblich auf ungenügenden Feststellungen“ beruhte. Aus Sicht des BGH konnte der EuGH nicht alle Hintergründe kennen – weil das OLG Düsseldorf im damaligen Vorlageverfahren sie nicht mit geliefert hatte. Das sieht das OLG München offenbar ähnlich und will sich von der Bundesregierung munitionieren lassen.

Der BGH hatte den Kollegen aus Köln sogar eine Art „Segelanweisung“ mitgegeben: Zu berücksichtigen sei, dass die Mitgliedstaaten die Verantwortung für die Festlegung ihrer Gesundheitspolitik sowie die Organisation des Gesundheitswesens hätten und selbst bestimmen könnten, auf welchem Niveau sie den Schutz der Gesundheit gewährleisten wollten und wie dies erreicht werden solle. Dabei komme ihnen ein Wertungsspielraum zu.

Diese Aufgabenverteilung sei von allen Organen der Union zu respektieren, mahnte der BGH. „Dabei ist darauf hinzuweisen, dass diese Zuständigkeit der Mitgliedstaaten von der Union nicht nur formal, sondern auch im Geist einer loyalen Zusammenarbeit zu beachten ist.“

Die Richter legten ihren Kollegen nahe, gemäß Zivilprozessordnung (ZPO) „im Rahmen des weiteren Verfahrens zur Frage der Notwendigkeit von einheitlichen Apothekenabgabepreisen für verschreibungspflichtige Arzneimittel für die Wahrung der Belange der Gesundheit der Bevölkerung eine amtliche Auskunft staatlicher Stellen, insbesondere der Bundesregierung, einzuholen“. Dabei dürfe die Beweislast nicht soweit gehen, dass von vornherein her keine andere Maßnahme mehr zulässig sei.

Kurz darauf hatte auch das Landgericht München I (LG) entschieden, dass mit dem Richterspruch aus Luxemburg die Preisbindung keineswegs ausgehebelt worden sei. In diesem Streit ging es ebenfalls um die DocMorris-Boni, die AKNR hatte die Siemens BKK verklagt, da sie DocMorris in ihrer Mitgliederzeitschrift „SBK Leben“ für das Angebot hatte werben lassen. Das LG begründete seine Entscheidung ebenfalls damit, dass in Luxemburg nur die Preisbindung unter dem Gesichtspunkt des Arzneimittelpreisrechts verworfen wurde.

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