Offene Provokation der Kassen Alexander Müller, 19.01.2011 10:52 Uhr
Wenn einzelne Kassenvertreter 2,30 Euro als Verhandlungsbasis für den Kassenabschlag 2010 ausrufen, erneuern sie den ziemlich absurden Vorwurf, die Regierung würde die Apotheken verschonen. Denn in der Begründung zum AMNOG steht unmissverständlich, dass die Apotheken über die Erhöhung (!) des Kassenabschlags auf 2,05 Euro zwei Jahre lang einen Sparbeitrag von je 200 Millionen Euro erbringen sollen - „gegenüber dem zuletzt durch Schiedsspruch festgesetzten Apothekenrabatt von 1,75 Euro“.
Ohnehin fragwürdig ist die Argumentation der Kassen: Die Schiedsstelle hatte den Abschlag für 2009 von 2,30 Euro auf 1,75 Euro abgesenkt und dies mit den zusätzlichen Belastungen der Apotheken begründet. Will beispielsweise die AOK mit ihren mittlerweile sechs Rabattvertragsrunden ernsthaft behaupten, der Arbeitsaufwand in der Offizin sei gesunken? Oder die Gehälter der Mitarbeiter in Apotheken?
Aber darum geht es den Kassen offensichtlich nicht. Vielmehr scheinen einzelne Vertreter den ersten Schiedsspruch noch immer als ungerechte Bestrafung zu empfinden. Anders ist die Blockadehaltung bei den Verhandlungen nicht zu verstehen. Denn die Fachleute beider Seiten hatten sich schon auf ein Ergebnis verständigt, das nachvollziehbar und gerecht erscheint: Der Abschlag bleibt für ein weiteres Jahr bei 1,75 Euro, bevor die Sparzange der Regierung greift.
Jetzt legen es die Kassen wieder auf ein monatelanges Gezerre um den Abschlag an. Und je nach Ausgang des Schiedsverfahrens könnte die Sache wieder vor Gericht landen. Denn dass zumindest der GKV-Spitzenverband nicht gewillt ist, die Entscheidung einer neutralen Schiedsstelle zu akzeptieren, haben die Kassen schon einmal bewiesen.
Für die Apotheken bedeutet das Schiedsverfahren eine neue Phase der Planungsunsicherheit. Für alle Beteiligten - Apotheken, Kassen und die Rechenzentren - dürfte der Aufwand bei der Abwicklung wieder steigen. Was aber eine solche offene Provokation für das Verhältnis zu den Leistungserbringern bewirkt, darüber haben sich die Kassen anscheinend noch nie Gedanken gemacht.