Nach 71 Diphtherie-Fällen

Apotheker wollen impfen – Ärzte keilen zurück

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Berlin -

Eigentlich ist die Infektionskrankheit, die von der Bakterie Corynebacterium diphtheriae verursacht wird, weitestgehend ausgerottet. Im Jahr 2022 wurden in Österreich allerdings 71 Diphtherie-Fälle bestätigt, die österreichischen Apotheker:innen wollen deshalb auch endlich impfen dürfen. Die Ärztekammer schießt zurück

Die Diphtherie-Impfung gehört in Deutschland zu den Standardimpfungen, die Ständige Impfkommission (Stiko) empfiehlt den Beginn der Grundimmunisierung bei Säuglingen ab einem Alter von zwei Monaten. In der Regel wird die Impfung in einem Kombinationsimpfstoff verabreicht. Für Erwachsene lautet die Empfehlung, nicht nur ihren Tetanus-Schutz, sondern auch die Diphtherie-Impfung alle zehn Jahre aufzufrischen. Auch in Österreich wird die Impfung für alle Personen empfohlen.

Laut Sozialministerium wurden in Österreich nach 20 diphtheriefreien Jahren seit 2014 einzelne Fälle von Schleimhaut-Diphtherie oder Hautdiphtherie gemeldet – im Jahr 2022 wurden 71 Diphtherie-Fälle bestätigt. Expert:innen warnten laut Österreichischer Apothekerkammer (ÖAK) vor der Rückkehr der Infektionskrankheit in Österreich und sprachen sich vehement für eine Erhöhung der Durchimpfungsrate bei der schweren Infektionskrankheit aus. Einer aktuellen wissenschaftlichen Untersuchung nach würden rund 40 Prozent der Österreicher:innen keinen wirksamen Schutz durch Antikörper aufweisen.

Gewachsenes Vertrauensverhältnis

„Es ist international erwiesen, dass durch das Impfen in der Apotheke deutlich höhere Durchimpfungsraten in der Bevölkerung erzielt werden. Dahinter stehen der wohnortnahe und niederschwellige Zugang der Apotheken, die flächendeckende Verteilung in ganz Österreich, ein über viele Jahre gewachsenes Vertrauensverhältnis zu Patientinnen und Patienten und natürlich unsere kundenfreundlichen Öffnungszeiten“, erklärt Dr. Gerhard Kobinger, Präsidiumsmitglied der ÖAK. „Natürlich steht die Apothekerschaft nicht nur für Impfungen gegen Diphtherie zur Verfügung, sondern für jede empfohlene und notwendige Auffrischungsimpfung, von FSME über Corona bis hin zur Grippe“, ergänzt Kobinger.

Internationale Beispiele würden deutlich zeigen, dass auch die Arztpraxen davon profitieren, da durch eine Entlastung mehr Zeit für die Behandlung der Patient:innen bleibe. „Impfen in Apotheken ist eine klassische Win-win-Situation – vor allem gewinnen natürlich die Bürgerinnen und Bürger. Die Erfolgsformel lautet: Eigenverantwortung und niederschwelliger Zugang. Wir müssen es allen Menschen so einfach und bequem wie möglich machen, sich impfen zu lassen“, betont Susanne Ergott-Badawi, ebenfalls Mitglied des Präsidiums. Mehr als 2000 Apotheker:innen hätten bereits die notwendige Fortbildung zum Impfen absolviert.

Gesundheitsminister Johannes Rauch halte es für vernünftig, Apotheker:innen das Impfen der Bevölkerung in den Apotheken gesetzlich zu erlauben. Aufgrund des „Widerstandes der Ärztekammer“ sei dafür aber aktuell keine Mehrheit zu erlangen.

Ärztekammer schießt dagegen

Und tatsächlich schießt die Österreichische Ärztekammer (ÖÄK) scharf zurück: „Dass man sich nach einem Schnellsiedekurs für ‚bestens ausgebildet‘ zum Impfen hält, ist schon eine maßlose Selbstüberschätzung“, so Präsident Johannes Steinhart. Das Impfen sei aus gutem Grund eine ärztliche Tätigkeit. „Ärztinnen und Ärzte erlernen in ihrem jahrelangen, herausfordernden Studium alles, was für die Impftätigkeit nötig ist und das ist deutlich mehr als nur die Verabreichung“, betont Steinhart.

Jegliche Gefährdung der Patientensicherheit durch impfende Apotheker sei unnötig und klar abzulehnen. Genüsslich verweist er auf einen Rechtschreibfehler der ÖAK: „Dass die Apothekerkammer über die Diphtherie gerade noch weiß, dass es eine schwere Infektionskrankheit ist, aber nicht, wie man sie richtig schreibt, ist zudem auch nicht gerade vertrauenerweckend.“ In der Aussendung der ÖAK war durchgehend von Diphterie statt Diphtherie die Rede gewesen.

Rudolf Schmitzberger, Leiter des ÖÄK-Impfreferates macht darauf aufmerksam, dass die Impfbefugnis ohne Fachbeschränkung in der aktuellen Ärztegesetznovelle auch über die Pandemie hinaus vorgesehen ist. „Das heißt, dass beispielsweise Kinderärztinnen und Kinderärzte auch gleich die erwachsenen Begleitpersonen impfen dürfen. Damit wird der Zugang zur Impfung in Österreich noch leichter und es gibt überhaupt keinen vernünftigen Grund mehr, über sinnlose Ideen wie Impfen in Apotheken nachzudenken!“

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