Arzneimittelbewertung

Nutzenbewertung wird nachgebessert Benjamin Rohrer, 26.03.2012 11:34 Uhr

Berlin - 

Knapp anderthalb Jahre nach ihrer Einführung wird die frühe Nutzenbewertung nachgebessert: Bei einem Expertengespräch legten Vertreter des Bundesgesundheitsministeriums (BMG), der Krankenkassen, der Pharmaverbände und des Gemeinsamen Bundesausschusses (G-BA) fest, dass die Festlegung der Vergleichstherapie künftig ausführlich begründet werden muss. Orphan Drugs sollen nur noch selten vom Institut für Qualität und Wirtschaftlichkeit im Gesundheitswesen (IQWiG) geprüft werden.

 

Seit Anfang 2011 müssen Hersteller für neue Arzneimittel ein Dossier über den Zusatznutzen einreichen. Vorher muss der G-BA festlegen, mit welchen Therapien das neue Arzneimittel verglichen werden soll. Dies war bislang Streitpunkt zwischen der Pharmaindustrie und dem G-BA: In manchen Fällen hatten die Prüfer andere Vergleiche festgelegt, als der Hersteller in seinen Zulassungsstudien durchgeführt hatte.

Die Pharmaverbände hatten daher verlangt, dass nur Studien herangezogen werden, die auch schon im Zulassungsverfahren verwendet wurden. Bei dem Expertengespräch hat der G-BA dies aber abgelehnt. Denn allzu oft haben die Hersteller eine andere Perspektive bei der Auswahl als die Prüfer.

In den Beratungsgesprächen, die ein Hersteller vor der Einreichung des Dossiers einfordern kann, soll der Ausschuss künftig ausführlich begründen, warum er sich für die jeweilige Vergleichstherapie entschieden hat. Bei den Beratungen sollen zudem Vertreter des Bundesinstitutes für Arzneimittel und Medizinprodukte (BfArM) teilnehmen.

Aus Sicht der Pharmaindustrie dürfte dies nur ein kleiner Schritt vorwärts sein: Schließlich ist es weiterhin möglich, dass der G-BA Vergleichsstudien verlangt, die der Hersteller nicht durchgeführt hat. Allerdings sollen künftig ohnehin Gespräche bereits vor den klinischen Studien geführt werden. Positiv für die Industrie ist, dass die Hersteller auch ein Jahr lang entsprechende Daten nachliefern können.

Orphan Drugs, bei denen der Zusatznutzen ohnehin formal als belegt gilt, sollen in Zukunft nur noch vom IQWiG getestet werden, wenn sie mehr als 50 Millionen Euro Jahresumsatz einbringen. Die restlichen Medikamente gegen seltene Erkrankungen wird der G-BA selbst prüfen.