Nullretaxationen

Kühne (CDU): Arztsoftware retaxsicher machen

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Berlin -

Fünfstellige Retaxationen und die jüngsten Aussagen von DAK-Chef Professor Dr. Herbert Rebscher haben die Politik auf den Plan gerufen. Laut dem CDU-Gesundheitspolitiker Dr. Roy Kühne müsste die Arzt-Software retaxsicher gemacht werden – analog zu geplanten Änderungen für Heilmittelerbringer. „Rezepte sollten die Arztpraxis nur noch geprüft und korrekt verlassen können, Apotheker dürfen nicht ins offene Messer rennen“, so Kühne.

Rebscher hatte zuletzt gegenüber APOTHEKE ADHOC zum Thema Nullretax erklärt: „Wer nicht in der Lage ist, eine ordentliche Rechnung zu stellen, kann nicht erwarten, ordentlich vergütet zu werden.“ Das gehe jedem Schlosser genauso, so der DAK-Chef.

Fritz Becker, Vorsitzender des Deutschen Apothekerverbandes (DAV), hatte dies als „unverschämt und inakzeptabel“ zurückgewiesen. Doch nicht nur bei den Apothekern hat Rebscher mit seinen markigen Worten Kopfschütteln ausgelöst: „Die Politik erwartet ein faires Miteinander der Beteiligten“, sagte Kühne. Die Landesapothekerkammer Niedersachsen (LAK) hatte den CDU-Politiker auf die Aussagen Rebschers aufmerksam gemacht. In einer gemeinsamen Stellungnahme kommentieren sie Rebschers Aussagen.

Kühne zufolge sind verlässliche Rahmenbedingungen notwendig, „damit Menschen die Dienste von motivierten Leistungserbringern auch weiterhin ortsnah abrufen können“. Das sei ein Kernversprechen des Sozialstaats. „Krankenkassen sollten daher besser das rechte Maß der Verhältnismäßigkeit wahren und die Leistungserbringer als Partner in der Versorgungskette betrachten“, so Kühne, der Mitglied im Gesundheitsausschuss des Bundestags ist.

Die LAK zweifelt, dass Rebscher viel von der Partnerschaft zwischen Krankenkassen und Leistungserbringern hält, wenn er Nullretaxationen als gerechtfertigt und disziplinierend bezeichnet. „Auch wenn Patienten ordnungsgemäß versorgt worden sind, ist er als beruflich gesicherter und gut verdienender Krankenkassenchef der Meinung, dass man Apotheker mit existenzgefährdenden Retaxationen seiner Kasse überziehen kann“, so die Kammer.

Die LAK beschreibt einen aktuellen Fall: Der behandelnde Arzt habe – inhaltlich durchaus nachvollziehbar – ein Kreuz auf dem T-Rezept nicht gesetzt, wofür der Apotheker wegen des Formfehlers retaxiert worden sei. Laut Kammer buchte die DAK 37.500 Euro zurück. Für die Apotheke sei dies existenzgefährdend.

Die Kammer kritisiert, dass die Kasse keine Möglichkeit der nachträglichen Heilung des Formfehlers eingeräumt hat: „Im Gegensatz zu einem Schlosser, den Rebscher als Vergleich heranzieht, konnte der Kollege den Fehler, den der Arzt sogar schriftlich eingestand, im Nachhinein nicht mehr korrigieren.“

Die Kammer hat sich mit Bundestagsabgeordneten aus Niedersachsen in Verbindung gesetzt. In den Gesprächen sei dringender Handlungsbedarf durch den Gesetzgeber gesehen worden, da die Krankenkassen zum großen Teil freiwillig an dieser Praxis nichts ändern wollten, teilt die LAK mit.

Kammerpräsidentin Magdalene Linz vermutet hinter dem Vorgehen der DAK wirtschaftliche Motive: „Angesichts der schwierigen wirtschaftlichen Situation einer Krankenkasse wie der DAK sind Einsparungen sicherlich nicht zu vermeiden, sie dürfen aber nicht mit fragwürdigen Methoden, die Augenmaß und Anstand vermissen lassen, zu Lasten der Versicherten und ordnungsgemäß versorgender Leistungserbringer gehen.“

Die Apotheker seien der Kasse als Partner unverzichtbar, so Linz weiter, aber eben nur „als Notnagel in Randzeiten, in der Nacht und am Wochenende“, wenn es um eine schnelle Versorgung von Kindern mit Inhalationsgeräten gehe. Zu normalen Zeiten werde diese Versorgung dagegen komplett an den Apotheken vorbeigesteuert. „Partnerschaft ist keine Einbahnstraße“, so Linz.

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