Die Apotheker werden Nullretaxationen nicht los: Nach der Abfuhr aus Karlsruhe hat nun auch die Bundesregierung ein Machtwort verweigert. Die Versprechungen aus der Unionsfraktion klingen heute ebenfalls zurückhaltender als noch vor einigen Wochen. Trotzdem dürfen die Apotheker noch hoffen: Zumindest die Nullretaxationen aufgrund von Formfehlern wird die Politik wohl angehen.
Beim DAV-Wirtschaftsforum hatte der CDU-Gesundheitsexperte Michael Hennrich den Apothekern noch Mut gemacht. Die Große Koalition werde Nullretaxationen, „in dieser Legislatur passiert, vielleicht sogar noch in diesem Jahr“, so Hennrich. Das war Anfang Mai.
Seitdem ist viel passiert: Das Bundesverfassungsgericht hat die Beschwerde der Apotheker gegen das Urteil des Bundessozialgerichts (BSG) Ende Mai abgewiesen. Die Karlsruher Richter hatten auf den disziplinarischen Effekt der Nullretax abgestellt.
Auf dieses Urteil stützt sich auch die Bundesregierung: Annette Widmann-Mauz (CDU), Parlamentarische Staatssekretärin im Gesundheitsministerium, teilte auf Anfrage der linken Abgeordneten Kathrin Vogler mit, dass man keinen Änderungsbedarf sehe. Allerdings hatte sich Widmann-Mauz explizit auf Nullretaxationen wegen Missachtung der Rabattverträge bezogen.
Von einem kompletten Nullretax-Verbot ist derweil auch in Unionskreisen nichts mehr zu hören. Grundsätzlich habe das Instrument seine Berechtigung, heißt es aus der Fraktion. Es bestehe aber der Wunsch, etwas gegen die erheblichen Fälle zu unternehmen – also etwa fünfstellige Retaxationen aufgrund von Formfehlern.
Anders liegt der Fall aus Sicht der Politik offenbar bei Nichtbeachtung der Rabattverträge. Gibt ein Apotheker ein nicht-rabattiertes Arzneimittel ab, ohne den Grund dafür auf dem Rezept zu vermerken, sollen Vollabsetzungen erlaubt sein. Ansonsten fürchtet man in Berlin um die Rabattquote und damit die Einsparungen der Kassen.
Der DAV muss wohl hinnehmen, dass die Nullretax an sich erhalten bleibt. Denn eine Abschaffung über den Rahmenvertrag lehnt der GKV-Spitzenverband ab – und an dieser Haltung dürfte sich nach den jüngsten Entwicklungen kaum etwas ändern.
Bleibt also die Formretax. Hier will der DAV eine Regelung erreichen – entweder mit den Kassenverbänden oder der Politik. Formfehler sollten demnach nachträglich heilbar sein. Auf diese Weise sollen auch unverhältnismäßig hohe Absetzungen aus der Welt geschafft werden.
In diesem Punkt ist die Politik anscheinend gesprächsbereiter: Wenn die Apotheke ihre Leistung dem Grunde nach erbracht habe, müsse sie auch dafür vergütet werden, heißt es aus der Koalition.
Die Koalition könnte eine gesetzliche Regelung schon nach der Sommerpause in Angriff nehmen. Die Apothekenthemen sollen dem Vernehmen nach ab September im Omnibusverfahren an das nächste Gesetzgebungsverfahren im Gesundheitswesen angehängt werden. In der Koalition ist das Thema Nullretax aber bislang eher informell besprochen worden.
APOTHEKE ADHOC Debatte