Der Hessische Apothekerverband (DAV) hat in einem offenen Brief die Äußerungen von DAK-Chef Professor Dr. Herbert Rebscher zu Nullretaxationen scharf kritisiert. Dieser hatte das Instrument mit dem Argument gerechtfertigt, nur ordentliche Rechnungen könnten beglichen werden: Wer nicht in der Lage sei, eine solche zu stellen, könne auch keine ordentliche Vergütung erwarten. HAV-Vorsitzender Dr. Detlef Weidemann fordert mehr Respekt für den
Beitrag der Apotheken sowohl bei der Versorgung wie auch bei
Einsparungen für die Kassen.
Mit Verwunderung hätten die Mitglieder des HAV seine Äußerungen zu Nullretaxationen, der Honorierung der Apotheker und der Reimportquote zur Kenntnis genommen, schreibt Weidemann an Rebscher.
„Unser Apothekerberuf ist in der Bevölkerung hoch angesehen, weil wir jeden Tag 24 Stunden Menschen wertvolle Hilfe anbieten“, heißt es weiter. „Der Respekt vor dieser Leistung täte auch im Umgang zwischen Ihnen und uns gut. Wir vermissen ihn aber leider im täglichen Umgang mit Ihnen und Ihren Mitarbeitern, die größtenteils in ihrem Berufsleben noch nie einen kranken Menschen versorgt haben, aber sehr schnell und manchmal sehr anmaßend über andere urteilen, die dies tagtäglich mit Hingabe tun.“
Weit mehr als 8,3 Milliarden Euro hätten die Kassen seit Einführung der Rabattverträge eingespart – und zwar mit Hilfe der Apotheker. Denn diese hätten die Vorgaben der Rabattverträge vorbildlich erfüllt – ohne jede Vergütung. Derzeit 17.700 Verträge müssten Apotheker berücksichtigen; und sie müssten Lösungen finden, „wenn Arzneimittel für Ihre Versicherten nicht lieferfähig sind“, schreibt Weidemann.
„Sie könnten dieses Engagement würdigen und als gute Grundlage nutzen, auch im Bereich Retaxationen partnerschaftlich zusammen zu arbeiten. Stattdessen nutzen Sie jede sich bietende Möglichkeit, das Instrument der Nullretaxationen mit haltlosen Vergleichen zu rechtfertigen.“ Den hessischen Apotheken entstünden durch das überzogene Vorgehen finanzielle Schäden in beträchtlicher Höhe. Dabei lägen häufig schlichte Formfehler vor, die sich mit einer funktionierenden Zusammenarbeit unzweifelhaft beheben ließen.
Weidemann weist auf die geplante Einigung in der Frage der Nullretaxationen hin: „Niemand sollte sich dem Verdacht aussetzen, durch Polemik von vornherein diese Einigung unmöglich machen zu wollen.“ Den Mitgliedern des HAV liege an der qualifizierten pharmazeutischen Versorgung der Versicherten ebenso viel wie Rebscher. „Um diese sicher zu stellen, sollten wir als Partner zusammen arbeiten.“
Auch die Äußerungen des Kassenchefs über die Reimportquote stießen bei Weidemann auf Kritik: „Als Fastnachtsscherz werten wir, dass Sie es für hilfreich erachten, den Apothekern pädagogische Unterstützung zukommen zu lassen“. Die Quote entbehre mittlerweile jeder sachlichen Grundlage, erschwere aber die Versorgung der Versicherten, ohne dass die Leistung anerkannt würde.
Laut Rebscher diszipliniert die Quote und wirkt mehr pädagogisch als praktisch. Er sprach sich gegen eine Abschaffung aus, da eine solche „immer ungeheure Signalfunktion“ habe. Auch für die Honorar-Forderung der Apotheker sah er keine Grundlage, da Apotheker auskömmlich honoriert würden, „unabhängig von der Leistung.“
Auch der Deutsche Apothekerverband (DAV) hatte sich bereits geäußert: „Wir Apotheker versorgen tagtäglich rund um die Uhr Millionen Patienten mit lebenswichtigen Arzneimitteln, aber einzelne Krankenkassenvertreter glauben offensichtlich, die Zeche dafür prellen zu können“, so DAV-Chef Fritz Becker. „Das ist ebenso unverschämt wie inakzeptabel.“
Er warnte, dass Krankenkassen aufpassen müssten, nicht in den Verdacht zu geraten, „Nullretaxationen als Kostenkürzungsinstrument zu Lasten ihrer eigenen Versicherten zu missbrauchen.“ Exzessive Retaxationen aufgrund von Formfehlern seien der falsche Weg.
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