Die flächendeckende Versorgung mit Ärzten nimmt auf dem Land immer weiter ab. Praxen müssen schließen, weil sie keine Nachfolger finden, junge Mediziner siedeln sich lieber in den Städten an. Eine Situation, die Apothekern sehr vertraut ist. Um bei der Landarztversorgung Abhilfe zu schaffen, hat die Landesregierung von Nordrhein-Westfalen das sogenannte Landarztgesetz auf den Weg gebracht: Wer sich später in einem Dorf niederlässt, bekommt leichter einen Studienplatz. Für Pharmazeuten ist nichts vergleichbares geplant, denn einen Apothekermangel gebe es auf dem Land nicht, teilt das Gesundheitsministerium auf Anfrage mit.
Wer Mediziner werden will, aber nicht den nötigen NC hat, kann sich seit dieser Woche in Nordrhein-Westfalen auf einen Landarzt-Studienplatz bewerben. Wer einen der Plätze erhält, muss sich vertraglich verpflichten, nach der Aus- und Weiterbildung mindestens zehn Jahre als Hausarzt in einer unterversorgten Region zu arbeiten. Bei Vertragsbruch steht eine Strafzahlung in Höhe von bis zu 250.000 Euro an das Land an.
Jeder 13. Studienplatz soll künftig auf diese Weise vergeben werden, kündigte die Landesregierung am Montag an. 145 solcher Studienplätze würden dazu für das kommende Wintersemester zur Verfügung gestellt. Das Bewerbungsverfahren ist zweistufig: Zuerst werden die Abiturdurchschnittsnote mit 30 Prozent, der Test für Medizinische Studiengänge (TMS) mit 30 Prozent und eine Ausbildung, berufliche oder praktische Tätigkeit mit 40 Prozent gewichtet. In der zweiten Stufe werden Auswahlgespräche geführt. Vier Stellen im öffentlichen Dienst hat die Landesregierung allein dafür geschaffen, das Auswahlverfahren durchzuführen. „Ich freue mich, dass wir die Landarztquote nun als erstes Bundesland in die Tat umsetzen“, sagte CDU-Gesundheitsminister Karl-Josef Laumann. Andere Bundesländer planen bereits ähnliche Regelungen.
Kritik kommt von der Opposition: Statt eine komplizierte Quote einzuführen, solle die Landesregierung dafür sorgen, die Arbeit auf dem Land attraktiver zu machen, indem sie ausreichende Infrastruktur sowie wirtschaftliche Rahmenbedingungen herstellt, und die Ausbildungskapazitäten erhöht, monieren die Grünen. Ergänzend könnten Telemedizin-Angebote helfen, den Mangel zu lindern. Das eigentliche Problem sei nämlich die ungleiche Verteilung der Arztpraxen mit einer Unterversorgung in ländlichen und strukturschwachen Räumen und einer Überversorgung strukturstarken Regionen, so der gesundheitspolitische Sprecher der grünen Landtagsfraktion Mehrdad Mostofizadeh.
Nicht nur für Landärzte dürfte das neue Gesetz verlockend klingen, sondern auch für Landapotheker, die das Rentenalter, aber nirgendwo einen Nachfolger kommen sehen. Doch zumindest in NRW gibt es für sie wenig Grund zur Hoffnung: Denn die Landesregierung erwägt für Pharmazeuten keine ähnlichen Schritte – weil es an Apothekern nicht fehle.
„Nach unserem Kenntnisstand liegt derzeit kein grundsätzlicher Mangel an Apotheken in NRW vor“, teilt das Ministerium für Arbeit, Gesundheit und Soziales (MAGS) auf Anfrage mit. „Eine Rechtfertigung für einen staatlichen Eingriff, wie im Landarztgesetz, ist insbesondere deshalb verfassungsrechtlich nicht gegeben.“ Stattdessen verweist das Ministerium darauf, die Ansiedlung und der Erhalt von Apotheken auf dem Land sei „maßgeblich davon abhängig, in wie weit die Standorte wirtschaftlich attraktiv sind“ und führt aus: „Notwendige Voraussetzung für den Erhalt der Apotheken in der Fläche ist somit die Schaffung einer wirtschaftlichen Existenzgrundlage.“
Diese wirtshcaftliche Existenzgrundlage werde durch das Landarztgesetz bereits gefördert, denn durch die Ansiedlung von Ärzten werde eine ausreichende wirtschaftliche Grundlage für die Neugründung und den Erhalt von Apotheken auf dem Land geschaffen. Ob die Selbstständigkeit auf dem Dorf für junge Pharmazeuten dadurch attraktiver sein kann als eine Anstellung in der Stadt, dazu äußerte sich das Ministerium hingegen nicht.
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