Die Linken und Grünen im Bundestag wollen die Pille danach mit Levonorgestrel möglichst schnell aus der Verschreibungspflicht entlassen. Mit verschiedenen Anträgen wollten sie das Plenum auffordern, den positiven Beschluss des Bundesrats vom vergangenen November umzusetzen. Doch im Gesundheitsausschuss verweigerten Union und SPD die Abstimmung. Damit können die Anträge am Donnerstag nicht in großer Runde diskutiert werden. Doch die Linke hat noch ein Ass im Ärmel.
In der nicht-öffentlichen Sitzung des Gesundheitsausschusses standen am Mittwoch drei Anträge zur Pille danach auf der Tagesordnung: Diskutiert wurde über zwei Anträge der Linken, die sich auf die beiden Bundesratsvoten beziehen, sowie einen Antrag der Grünen, die ebenfalls forderten, die Pille danach schnell aus der Verschreibungspflicht zu entlassen.
Doch die SPD, deren inhaltlicher Position die Treue zum Koalitionspartner entgegen steht, wich der Diskussion erneut aus und meldete weiteren Beratungsbedarf an. Die Regierungsfraktionen verweigerten daher die Abstimmung – aus Sicht der Linken unter einem Vorwand. Die SPD versuche, „mit Geschäftsordnungstricks eine Debatte über die Rezeptfreiheit der Pille danach zu verhindern“, so Kathrin Vogler, Arzneimittelexpertin der Linken.
„Die SPD hat sich öffentlich immer für die Verschreibungsfreiheit der Pille danach ausgesprochen, blockiert jetzt aber die parlamentarische Beratung des Themas“, kritisiert Vogler. Der Antrag der Linken sei identisch mit der Bundesratsinitiative der SPD-regierten Länder. Es gebe kein einziges sachbezogenes Argument gegen die Verschreibungsfreiheit. „Die SPD weiß das, ist aber leider vor dem Koalitionspartner eingeknickt.“
Hilde Mattheis, gesundheitspolitische Sprecherin der SPD-Bundestagsfraktion, bestätigt: „Wir haben im Gesundheitsausschuss gebeten, das Thema Pille danach noch weiter beraten zu können und es noch nicht abzuschließen.“ Im Koalitionsvertrag habe zu diesem Thema keine Vereinbarung mit der Union getroffen werden können.
Mattheis erklärt: „Da wir uns als SPD für die Rezeptfreiheit aussprechen, haben wir an diesem Punkt noch Beratungsbedarf.“ Zudem gebe es Entwicklungen auf europäischer Ebene: Das Notfallkontrazeptivum Ulipristal könne demnächst von der Europäischen Arzneimittelagentur (EMA) aus der Rezeptpflicht entlassen werden.
Da im Gesundheitsausschuss kein Beschluss für oder gegen die Anträge gefallen ist, können sie am Donnerstag nicht im Plenum des Bundestags diskutiert werden. Denn dort werden lediglich die Beschlussempfehlung und der Bericht des Ausschusses besprochen. Doch die Linke will die dafür vorgesehene Zeit trotzdem für eine Debatte über die Pille danach nutzen.
Die Fraktion hat daher einen neuen Antrag eingereicht, der sich inhaltlich mit den anderen Anträgen deckt und nun in erster Lesung diskutiert werden soll. In Richtung SPD erklärt Vogler: „Morgen wird sie öffentlich erklären müssen, warum sie ihrer eigenen Forderung nicht zustimmt und die betroffenen Frauen bei einer Notlage weiter im Regen stehen lässt.“
Der Bundesrat hatte die Regierung zuletzt Ende Mai aufgefordert, die Abgabe der Pille danach in Apotheken ohne Rezept zu ermöglichen. Eigentlich wollte die Länderkammer Druck ausüben und ihre Zustimmung zur Verordnung über die Anerkennung von EU-Rezepten an die Zusage zum OTC-Switch knüpfen. Da es wegen der Verzögerung aber schon Ärger aus Brüssel gab, stimmten die Abgeordneten schließlich doch zu und verabschiedeten zur Pille danach lediglich eine begleitende Entschließung.
Bundesgesundheitsminister Hermann Gröhe (CDU) sperrt sich gegen eine Entlassung des Notfallkontrazeptivums aus der Verschreibungspflicht. Er bezweifelt, dass Apotheker an der Notdienstklappe in ausreichender Weise beraten können. Auch der CDU-Gesundheitsexperte Jens Spahn sieht keine Notwendigkeit für eine Änderung. Er hält den Gang zum Arzt für zumutbar.
Der Sachverständigenausschuss für Verschreibungspflicht hatte dem OTC-Switch im Januar zugestimmt. Der Gesundheitsausschuss des Bundesrates hatte bereits Ende Oktober 2013 empfohlen, die Pille danach aus der Rezeptpflicht zu entlassen. Der Bundesrat stimmte dieser Empfehlung zu.
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