Notfallkontrazeptiva

PiDaNa: Steffens kontert Gröhe APOTHEKE ADHOC, 12.02.2014 11:00 Uhr

Berlin - 

Nordrhein-Westfalens Gesundheitsministerin Barbara Steffens (Bündnis 90/Die Grünen) kritisiert die Haltung von Bundesgesundheitsminister Hermann Gröhe (CDU) zur Pille danach: In der Westdeutschen Allgemeinen Zeitung (WAZ) wirft sie Gröhe vor, mit vorgeschobenen Argumenten die Aufhebung der Rezeptpflicht verhindern zu wollen.

Die von Gröhe angebrachten Hinderungsgründe – fehlende Beratung und mögliche Nebenwirkungen – bezeichnete Steffens als „Scheinargumente“: Erstens hätten Apotheken bei allen frei verkäuflichen Medikamenten eine Beratungspflicht. Zweitens habe der Sachverständigenausschuss für Verschreibungspflicht die Freigabe empfohlen.

„Sollte Gröhe ernsthaft bei dem Argument der Nebenwirkungen bleiben, müsste er sich umgehend für eine Rezeptpflicht bisher frei verkäuflicher Medikamente mit Wirkstoffen wie ASS, Ibuprofen, Paracetamol und anderer Schmerzmittel einsetzen, die ein vergleichbares oder sogar höheres Risiko von Nebenwirkungen haben“, sagte Steffens gegenüber der WAZ.

Dem Gesundheitsminister warf Steffens eine „rückwärtsgewandte“ Position vor: „Die Aufhebung der Rezeptpflicht für die Pille danach in Deutschland ist längst überfällig“, so die Grüne-Politikerin. Sie sei überzeugt, dass Frauen in Deutschland in gleicher Weise die Verantwortung für sich und ihren Körper übernehmen könnten wie Frauen in Frankreich, Belgien oder Österreich. Dort sei die Pille danach schon seit vielen Jahren rezeptfrei erhältlich.

„Ob ein Medikament verschreibungspflichtig ist oder nicht, ist keine politische Frage und darf auch nicht von dem moralischen Wunsch des Wählerklientels eines Ministers abhängen“, sagte Steffens.

Über die Pille danach wird in Deutschland schon länger diskutiert: Der Gesundheitsausschuss des Bundesrats hatte bereits Ende Oktober empfohlen, die Pille danach aus der Verschreibungspflicht zu entlassen. Der Bundesrat stimmte dieser Empfehlung im November zu.

Der Sachverständigenausschuss für Verschreibungspflicht hatte sich Mitte Januar dafür ausgesprochen, Levonorgestrel ohne Zusatz weiterer arzneilich wirksamer Bestandteile zur einmaligen oralen Anwendung in einer Einzeldosis von bis zu 1,5 mg aus der Verschreibungspflicht zu entlassen.

Die Union lehnt die Freigabe der Pille danach ab. Gröhe hatte am Wochenende in einem Interview mit der „Welt am Sonntag“ die Notwendigkeit einer guten Beratung betont und erklärt, diese sei „am besten gewährleistet, wenn es bei der Verschreibungspflicht bleibt“.

Auch Dr. Frank Ulrich Montgomery, Präsident der Bundesärztekammer, ist gegen die Freigabe. Er hält die Beratung in der Apotheke für insuffizient. Es gebe keinen Grund, am aktuellen System etwas zu ändern, sagte Montgomery dem Deutschlandfunk.

Die SPD befürwortet hingegen den OTC-Switch – genauso wie Linke und Grüne. Theoretisch könnte der Seniorpartner in der Großen Koalition in dieser Frage also überstimmt werden.