Lange sperrte sich Bundesgesundheitsminister Hermann Gröhe (CDU) gegen die Freigabe der „Pille danach“. Schließlich gab er EU-Forderungen nach. Seit fünf Monaten bekommen Frauen Notfall-Verhütungsmittel direkt in der Apotheke. ABDA-Präsident Friedemann Schmidt sieht keine Probleme und wehrt sich gegen Vorwürfe der Ärzte, die Apotheker hätten ihnen etwas weggenommen.
Seit Mitte März können Frauen nach ungeschütztem Geschlechtsverkehr die „Pille danach“ ohne Rezept und Beratung durch einen Arzt sofort in der Apotheke bekommen. Von Februar bis Mai stieg der Absatz der Präparate laut ABDA um 58 Prozent. Waren es im Februar noch gut 38.000 Packungen, stieg die Zahl im Mai auf gut 60.000. Im Juni wurden dann rund 59.000 Packungen abgegeben. „Die Absatzzahlen dieser Produkte haben sich deutlich erhöht. Es hat eine Spitze gegeben. Jetzt ist es auf höherem Niveau stabil“, konstatiert Schmidt.
Die Absicht des Gesetzgebers, die „Pille danach“ als sicheres Verhütungsmittel im Notfall Frauen besser zugänglich zu machen, „hat, wie vorauszusehen war, zu einer stärkeren Nachfrage geführt“, sagte Schmidt. Er fügte hinzu: „Es sind keinerlei, wirklich keinerlei Sicherheitsprobleme aufgetaucht.“ Das gelte auch für jüngere Frauen und Mädchen. Es habe sich bestätigt, dass es sich um „sehr sichere Arzneimittel“ handele.
Vor der Freigabe wurden etwa 20 Prozent der Präparate auf Kosten der Krankenkassen abgegeben, 80 Prozent mit Privatrezepten oder zulasten der PKV. Seit dem OTC-Switch verschob sich diese Verteilung auf 81 Prozent Selbstmedikation sowie 6 Prozent GKV- und 13 Prozent Privatrezepte.
Schmidt sagte weiter: „Wir glauben, dass wir immer der Verantwortung gerecht geworden sind, die mit der Rezeptfreiheit der 'Pille danach' auf die Apotheker übergegangen ist.“ Bei der Erarbeitung der Beratungsrichtlinien durch die Apotheker seien immer auch die Frauenärzte mit einbezogen worden. „Wir lassen uns nicht vorwerfen, dass wir hier irgendetwas im Handstreich übernommen hätten“, Schmidt.
Die Frauenärzte hatten sich gegen den OTC-Switch ausgesprochen. Die Handlungsempfehlungen der ABDA für die Beratung sei lückenhaft, lautete eine Besorgnis von Berufsverbänden der Frauenärzte. So stehe nicht drin, dass die Wirkung der Präparate bei höherem Körpergewicht der Frauen abnehme. Der Leitfaden wird derzeit überarbeitet. Eine fehlerhafte Beratung erhöhe die Gefahr unerwünschter Schwangerschaften dramatisch, so die Sorge der Frauenärzte. Als Folge könnte die Rate von Schwangerschaftsabbrüchen bei Teenagern ansteigen, hieß es weiter.
Gröhe hatte nach langem Widerstand Ende vergangenen Jahres einen Kurswechsel in dieser Frage vollzogen, nachdem der EU-Arzneimittelausschuss die Rezeptfreiheit für Ulipristal empfohlen hatte. In Deutschland wird der Wirkstoff unter dem Handelsnamen EllaOne (HRA Pharma) vertrieben. Zudem gibt es vom selben Hersteller das Präparat PiDaNa mit dem Wirkstoff Levonorgestrel. Dieser ist auch in Unofem (Hexal) und Postinor (Gedeon Richter) enthalten.
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