Notdienstfonds: AvP-Apotheker haften persönlich Alexander Müller, 16.11.2020 11:12 Uhr
Die AvP-Insolvenz hat für betroffene Apotheken einen weiteren negativen Nebeneffekt: Für zwei Monate hat das Rechenzentrum keine Beträge an den Nacht- und Notdienstfonds (NNF) überwiesen. Weil die Inhaber für diese Beträge persönlich haften, müssen sie sie im schlimmsten Fall doppelt bezahlen. Der Deutsche Apothekerverband (DAV) hat in Abstimmung mit dem Bundesgesundheitsministerium (BMG) zumindest einen Aufschub der Zahlungen ermöglicht.
Der NNF hatte schon bei der Überweisung der Notdienstpauschale für das zweite Quartal Pech: Die Ausschüttung in Höhe von 4,5 Millionen Euro wurde am 11. September angewiesen, kurz darauf rauschte AvP in die Insolvenz. „Unsere Bemühungen, die Gelder zurückzufordern und direkt auszuzahlen, liefen leider ins Leere und es ist davon auszugehen, dass der Überweisungsbetrag der Insolvenzmasse zugeschlagen wird“, schreibt NNF-Geschäftsführer Rainer Gurski an die Inhaber. Diese müssen ihre Forderungen nun individuell geltend machen. Die notwendigen Daten stellt der NNF zur Verfügung.
Ein neues Problem ergibt sich aus der Abrechnung des dritten Quartals. Zunächst sah es so aus, als ob alle Apotheken bundesweit in diesem Punkt von der AvP-Pleite betroffen sein könnten: Weil AvP die für August und September fälligen 21 Cent für jedes zulasten der Krankenkassen abgegebene Rx-Arzneimittel nicht abgeführt hat, fehlen rund 1,5 Millionen Euro in der Kasse.
Mittlerweile ist man beim NNF schlauer: Für August und September hat AvP die Menge der abgegebenen Packungen zwar an den NNF gemeldet, die daraus resultierenden Abführungsbeträge aber nicht überwiesen. Nur für den Juli hat AvP gemeldet und überwiesen – sofern die Apotheken keine quartalsweise Abrechnung mit dem NNF vereinbart haben.
Damit sind die Apotheken laut NNF in der Pflicht: „Da es sich bei den Abführungsbeträgen schuldrechtlich – trotz eventuell bereits erfolgter Abrechnung der AvP gegenüber den Kostenträgern – um eine Verbindlichkeit des/r Apothekers*in gegenüber dem NNF handelt, werden die Fehlbeträge der Monate Juli, August und September 2020 im Verpflichtungsbescheid für das III. Quartal 2020 als Bestandteil der offenen Forderungen ausgewiesen.“ Die bereits abgeführten Festzuschläge für diese Monate müssen die Apotheken ebenfalls bei AvP-Insolvenzverwalter Dr. Jan-Philipp Hoos geltend machen. Mit anderen Worten: Im schlimmsten Fall zahlen die Apotheken doppelt.
Um die betroffenen Apotheken zumindest etwas zu entlasten, hat der Geschäftsführende Vorstand des DAV in Abstimmung mit dem BMG beschlossen, dass diese Forderungen für das dritte Quartal bis Ende Februar 2021 gestundet werden. Die in diesem Fall üblicherweise fällige Gebühr für die Schätzung on Höhe von 46 Euro soll den Apotheken nicht berechnet werden. „Es geht darum, den AvP-Apotheken etwas Luft zu verschaffen, mehr können wir leider aufgrund der gesetzlichen Grundlage nicht tun“, so Gurski gegenüber APOTHEKE ADHOC.
Außerdem soll auf einen Forderungseinzug für das vierte Quartal verzichtet werden. Damit sinkt die Gesamtsumme im Topf und entsprechend die Notdienstpauschale für alle Apotheken. Das Geld wird aber einfach später ausgezahlt, so dass im neuen Jahr außer der Reihe eine erhöhte Notdienstpauschale ansteht. Die Schwankungen bewegen sich im Bereich von 15 Euro pro Notdienst.