Notdienstpauschale eingeführt

Notdienst: Tierärzte kriegen mehr Geld

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Berlin -

Fachkräftemangel, Versorgungslücken, Schließungen über Schließungen: Das kennen nicht nur die Apotheker. Seit Jahren streiten auch die Tierärzte mit der Politik und untereinander, wie sie ihre „Notdienstkrise“ lösen können – so bezeichnet der Bundesverband Praktizierender Tierärzte (BPT) die Problemstellung. Die Politik hat auf die Veterinäre gehört: Sie erhalten nun mehr Geld und verbesserte Konditionen für den tierärztlichen Notdienst. Dass das reicht, bezweifelt die Branche, einen Hoffnungsschimmer sehen sie jedoch in der Digitalisierung der Branche.

Die flächendeckende Notdienstversorgung ist „in erheblicher Gefahr“, warnt der BPT. Der Grund ist recht einfach zusammengefasst: Notdienste rentieren sich nicht. Grund dafür ist die Gebührenordnung für Tierärzte (GOT): Veterinäre werden nach Behandlungsschritten vergütet und können für jede einzelne Leistung das Ein- bis Dreifache des jeweiligen Gebührensatzes abrufen. Welchen Satz der Tierarzt wählt, hängt vor allem von den Umständen des Falles ab, insbesondere der Schwierigkeit, dem Zeitaufwand, dem Wert des Tieres und den örtlichen Verhältnissen. Zuletzt war die Gebührenordnung 2017 novelliert worden: Die einfachen Gebührensätze wurden pauschal um 12 Prozent angehoben, die Gebühren für die freiwillige Beratung von Nutztierhaltern um pauschal 30 Prozent. Doch das reichte offenbar nicht, denn nach Angaben der Tierarztverbände und -kammern ist die Notdienstversorgung seitdem noch weiter ausgedünnt.

Entscheidend ist hier der Unterschied zwischen Tierarztpraxis und Tierarztklinik: Letztere sind nämlich gemäß Klinikordnung verpflichtet, eine 24-stündige Erreichbarkeit sicherzustellen. Viele Tierarztpraxen geben deshalb ihre Notdienste an die Kliniken ab. Für die rechnen sich die Notdienste nach Angaben des BPT auch nicht: Rund 130 Stunden pro Woche müsse eine Klinik oder Praxis demnach an Mehrarbeitszeiten abdecken, um einen 24-stündigen Bereitschaftsdienst aufrechterhalten zu können. „Der hierdurch zusätzlich entstehende Personalaufwand ist also schon bei einfacher Teambesetzung enorm und bedarf beträchtlicher Mehreinnahmen“, so der BPT. Etwa 60.000 Euro zusätzlichen Umsatz pro Monat müssten demnach im Rund-um-die-Uhr-Dienst erwirtschaftet werden, um zumindest die Kosten decken zu können.

Die Folge: Immer mehr Kliniken geben ihren Status ab und firmieren als Praxen, um dem 24/7-Dienst zu entfliehen. Damit fallen aber auch deren Stunden weg. Die Tierärzte haben deshalb nach Kraft lobbyiert und waren erfolgreich: Ende Dezember verabschiedete der Bundesrat eine Änderung der GOT, durch die die finanziellen Anreize für den Notdienst erhöht werden sollen. Voraussichtlich im Februar wird die Novelle im Bundesgesetzblatt veröffentlicht und tritt in Kraft.

Mit ihr wird eine verbindliche Notdienstgebühr von pauschal 50 Euro pro Tierhalter und Besuch eingeführt. Außerdem muss für Behandlungen im Notdienst künftig mindestens der zweifache Gebührensatz erhoben werden – und die Gebührenordnung endet nicht mehr beim dreifachen Satz: Je nach Fall kann der Tierarzt künftig sogar den vierfachen Satz nehmen. Die Nachtzeit wird dabei um zwei Stunden verlängert, sie beginnt künftig schon 18, nicht mehr 19 Uhr, und geht bis 8, nicht mehr bis 7 Uhr. Auch das Wochenende der Tierärzte wird länger: Sein Beginn wird von Samstag, 13 Uhr, auf Freitag, 18 Uhr, vorverlegt. „Die neu eingeführte verpflichtende Notdienstgebühr im Rahmen der Gebührenordnung für Tierärzte könnte helfen, dass der chronisch verlustreiche Not- und Bereitschaftsdienst aus den roten Zahlen herauskommt“, lobt der BPT. „Doch allein das reicht nicht.“ Denn auch vom deutschen Arbeitszeitrecht sehen sich die Tierärzte beeinträchtigt.

Das „starre deutsche Arbeitszeitgesetz“, wie der BPT kritisiert, schreibt nämlich eine tägliche Höchstarbeitszeit von acht Stunden pro Tag mit maximal 48 Stunden pro Woche und eine verpflichtende Ruhezeit von mindestens elf Stunden pro Tag am Stück vor. Bereitschaftsdienste müssen dabei auf die genannte Höchstarbeitszeit angerechnet werden. „Nur wenige Klinken in Ballungsräumen sind in der Lage, genügend Personal zu beschäftigen und die hohen Zusatzkosten zu stemmen“, befindet der Verband. „Könnten angestellte Tierärzte Bereitschaftsdienste übernehmen und müssten beispielsweise nur neun oder 10 Stunden Ruhezeit statt der derzeit geltenden 11 Stunden zwischen zwei Arbeitstagen einhalten, selbstverständlich immer im Einvernehmen, wäre das ein weiterer Schritt in die richtige Richtung“, so sein Geschäftsführer Heiko Färber.

Mit der Pauschale will die Politik auch einem Problem Rechnung tragen, das die meisten Apotheker ebenfalls gut kennen: Viele Tierhalter kommen in den Notdienst, obwohl überhaupt kein Notfall vorliegt. Tierärzte berichten davon, dass an Wochenenden oft die Mehrheit der Fälle Bagatelle sind: „Natürlich sind auch wirkliche Notfälle dabei, aber in etwa zwei Drittel der Fälle wäre der Besuch beim Notdienst nicht notwendig gewesen. So ist der Notdienst für uns Tierärzte einfach nicht aufrecht zu erhalten“, zitiert der Sauerlandkurier die niedergelassene Tierärztin Christin Voß aus Lennestadt im Kreis Olpe.

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