Nordrhein

Versorgungswerk: Ärger wegen Geheimoperation

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Berlin -

Am 8. März soll in Nordrhein die Kammerversammlung die geplante Novellierung der Satzung des Versorgungswerks beschließen. Doch es regt sich Widerstand gegen die Einführung von Umlageelementen. Vor allem das kurzfristige Verfahren stößt auf Kritik. „Bei einer so gravierenden Entscheidung müssen alle Mitglieder der Apothekerversorgung einbezogen werden“, fordert Apotheker Wolfgang Gröning von der Kammerfraktion „Handeln schafft Zukunft“. Gröning drängt auf eine Verschiebung der Entscheidung auf die Kammerversammlung im November.

„Es entsteht der Eindruck, dass ohne ausreichende Erklärung der Belastungen und ohne Beteiligung der Mitglieder das Prinzip unserer Altersversorgung in ‚Hauruck‘-Verfahren gestürzt werden soll“, so Gröning in einem offenen Brief. Zwar sei der Termin für die Kammerversammlung am 8. März schon langfristig festgelegt worden, aber über die Details der geplanten Umstellung sei erst kurzfristig informiert worden: Am 9. Februar sei die Einladung mit den Informationen von der Kammer verschickt worden und am 13. Februar eingegangen, so Gröning.

„Die Zeit reicht nicht aus, sich in einer so komplizierten Materie ein umfassendes Bild über die Konsequenzen zu verschaffen“, kritisiert Gröning. Am 21. Februar seien die geplanten Änderungen den Fraktionen der Kammerversammlung vorgestellt worden. Für Änderungsanträge sei danach so gut wie keine Zeit mehr geblieben. Die Fraktion „Handeln schafft Zukunft“ habe am 23. Februar dennoch einen Änderungsantrag gestellt, der aber als nicht fristgerecht abgelehnt worden sei.

„Das ist eine Geheimoperation und der Versuch, 121 Delegierte über den Tisch zu ziehen“, empört sich Gröning. „Die Information wurde absichtlich in die Karnevalszeit gelegt.“ Auch Kammerpräsident Lutz Engelen habe sich bislang nicht zur Umstellung geäußert. In der Sitzung am 8. März wollen die Fraktionen „Handeln schafft Zukunft“ und „Schweigende Mehrheit“ die Beschlussfassung daher verhindern. In der Kammerversammlung sind dafür 41 Gegenstimmen erforderlich. Die beiden Fraktionen kommen zusammen aber nur auf 31 Stimmen.

Gröning verweist als Rechtfertigung seiner Forderung nach ausreichender Beratungszeit auf die Kammer Schleswig-Holstein. Dort seien die Änderungen mehrfach ausführlich vorgestellt und diskutiert worden. Kritisiert wird von Gröning zudem, dass keine Modellrechnungen vorgelegt wurden, wie sich die geplante Änderung der Altersversorgung für unterschiedliche Jahrgänge auswirke. „Es wurden nur drei Szenarien vorgestellt“, so Gröning. Und dabei seinen für junge Mitglieder der Apothekerversorgung „sehr optimistische Annahmen“ unterstellt worden. Gröning: „Unterlagen, die eine ordentliche Prüfung ermöglichen, sind nicht zur Verfügung gestellt worden. Das ist ein beispielloses Vorgehen, dass ich in 40 Jahren Kammerarbeit noch nicht erlebt habe.“

Das bisherige rein kapitalgedeckte System soll umgestellt werden auf ein offenes Deckungsplanverfahren: Die Mitgliedern sparen nicht mehr ausschließlich Eurobeträge an, sondern sammeln Rentenpunkte. Die Altersrente soll in Nordrhein dann ab 2018 neu berechnet werden: Der monatlich gezahlte Beitrag wird durch einen sogenannte Messbetrag dividiert, der dem in der Deutschen Rentenversicherung (DRV) geltenden monatlichen Höchstbetrag entspricht. Vorstand und Aufsichtsrat können – mit Genehmigung des NRW-Finanzministerium als zuständiger Aufsichtsbehörde – für jeweils ein Jahr einen abweichenden Messbetrag festlegen.

Das auf vier Stellen nach dem Komma gerundete Ergebnis heißt Beitragsquotient. Die Summe der in einem Jahr erworbenen monatlichen Beitragsquotienten wird multipliziert mit einem Multiplikator Rx. Dieser ist altersabhängig und beträgt für 20-jährige Mitglieder 1,702 und für 67-jährige Mitglieder 0,560.

Dann wird eine zusätzliche Stellschraube eingeführt: Die Summe dieser Produkte wird multipliziert mit dem sogenannten Rentenanpassungsbetrag, der für Leistungsfälle ab dem Geschäftsjahr 2018 auf 100 Euro festgelegt wird und in Abstimmung mit der Aufsichtsbehörde ebenfalls auf Basis der Jahresabschlüsse angepasst werden kann. In der Beschlussvorlage werben Aufsichtsrat und Vorstand um Zustimmung zur Umstellung: Das neue Modell bringe den Mitgliedern mehr Sicherheit und Planbarkeit. Das Kapitalmarktumfeld bleibe schwierig: Der Druck auf die Renditen werde nicht nachlassen, mit höheren Zinsen sei nicht zu rechnen. Auf höher verzinsliche Anlagen könne nur begrenzt ausgewichen werden, da hier die Risiken höher seien.

Im Übrigen habe das Versorgungswerk frühzeitig reagiert und seine Kapitalanlagen diversifiziert; die festverzinslichen Wertpapiere im Direktbestand machten nur noch 54,5 Prozent des Portfolios aus. Die Umstellung des Finanzierungsverfahrens sei daher als Meilen- und zugleich Schlussstein zu sehen, der zusammen mit den Optimierungen in der Kapitalanlage und bei der Risikotragfähigkeit die Altersversorgung für alle Mitglieder für die nächsten Jahrzehnte absichere.

In der Vergangenheit habe man dank stabiler Rahmenbedingungen Beitragshöhe, Ertragsentwicklung und Leistungsausgestaltung durch versicherungsmathematische Verfahren in ein festes Verhältnis zueinander setzen können. In den vergangenen Jahren hätten sich die externen Parameter allerdings gravierend geändert. „Bisher konnte das Versorgungswerk durch interne Effizienzsteigerungen sowie durch die Anpassung des Rechnungszinses – eine sehr weitreichende Maßnahme – die Auswirkungen der Niedrigzinsphase auffangen.“ Jetzt gebe es keine Stellschrauben mehr.

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