Mehr Anträge auf Befreiung

Niedersachsen: Kammer diskutiert Notdienstprobleme

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Berlin -

Der Druck auf Apotheken in ländlichen Regionen wächst – und das hat mehrere Gründe. Einer davon ist der engmaschige Nacht- und Notdienst. Fachkräftemangel und Schließungen sorgen dafür, dass in vielen Betrieben der oder die Inhaber:in allein für die Bereitschaft nach Feierabend zuständig ist. In Niedersachsen versucht die Kammer die Mitglieder zu entlasten – und die Zahl der Anträge auf Teildienste steigt, obwohl es dafür keinen finanziellen Zuschuss gibt. Ein vorgeschlagenes Vergütungsmodell der Apothekerkammer wurde zuletzt abgewiesen. Jetzt kommt das Thema wieder auf die Agenda.

Mehrere Apotheken aus Niedersachsen wollen sich vom regulären Nacht- und Notdienst befreien lassen. Die Dienstbereitschaft der Apotheke ist gesetzlich geregelt: Mit dem Notdienst werde der Bevölkerung eine Notfallversorgung außerhalb der üblichen Öffnungszeiten von Apotheken garantiert, sagt eine Kammersprecherin. „Dabei geht es darum, eine zumutbare und verlässliche Arzneimittelversorgung sicherzustellen.“

Mehrere Anträge auf Dienstentlastung

Die Kammer ist für den Turnus zuständig. Auf dieser Grundlage werden Dienstpläne aufgestellt, die jeweils für ein Jahr gelten. Wenn Apotheken schließen, wird der Notdienstplan angepasst. „Mit Ablauf des Jahres ist es durchaus üblich, dass die Apothekenleiter:innen in einem Dienstkreis über die Aufstellungen der neuen Dienstpläne beraten und Änderungen bei der Kammer beantragen.“ Aktuell liegen mehrere Anträge auf Entlastung vor. Im April gibt es ein Ausschusstreffen zu dem Thema.

Die Kammer prüft die Vorschläge auf Neuordnung einer Dienstregelung im Blick darauf, ob den Patient:innen außerhalb der regulären Ladenöffnungszeiten in zumutbarer Entfernung Apotheken zur Verfügung stehen. Dabei geht es um die Straßenkilometer bis zur nächsten dienstbereiten Apotheke. Berücksichtigt werden auch geografische Besonderheiten, zum Beispiel bei Strecken, die Fährverbindungen enthalten, die aber nur zu bestimmten Zeiten nutzbar sind. Innerstädtisch gelten bis zu zehn Kilometer als zumutbar, in ländlichen Gebieten 15 bis 20 Kilometer.

„In den ländlichen Regionen gibt es deutlich weniger Apotheken als in den Städten. Deshalb müssen die Apotheken auf dem Land häufiger Notdienste leisten als die in den Städten“, so die Sprecherin. Verpflichtende Volldienste werden für die Betriebe mitunter zu einer großen Belastung, gerade wenn das Wechselintervall wegen Schließungen immer kürzer ausfällt. In Niedersachsen stehen täglich durchschnittlich 126 notdienstbereite Apotheken zur Verfügung. Für einige Kreise gibt es bereits Ausnahmeregelungen. Für manche Apotheken bedeutet das einen verlängerten Dienst unter der Woche sowie nur einzelne Stunden am Wochenende, wenn es in diesen Regionen auch einen ärztlichen Notdienst gibt.

„Mit diesen Ergänzungsdiensten soll der Bevölkerung wohnortnah für die Zeiten der erfahrungsgemäß stärkeren Inanspruchnahme aufgrund eines angebotenen ärztlichen Notdienstes eine dienstbereite Apotheke zur Verfügung stehen. In manchen Dienstkreisen gibt es auch wochentags einen Spätdienst abgestimmt auf den ärztlichen Bereitschaftsdienst vor Ort, beispielsweise bis 20 Uhr oder 21 Uhr.“

Die Ergänzungsdienste seien seit vielen Jahren etabliert und ermöglichten seinerzeit eine Zusammenlegung kleiner Dienstkreise zu einer größeren Dienstregion. „Auf diese Weise konnte der Notdienstturnus vergrößert und die Anzahl der Nachtdienste reduziert werden.“ Dabei habe es keine größeren Einbußen für die Bevölkerung gegeben. „Die Ersatzdienste werden leider nicht über den Nacht- und Notdienstfonds (NNF) vergütet“, so die Sprecherin. „Die Kammer hatte seinerzeit für ein Vergütungsmodell geworben, das die Teildienste berücksichtigt. Aufgrund der damit verbundenen Komplexität wurde dieses Anliegen nicht aufgegriffen.“

Kein Finanzierungsmodell in Sicht

Auch beim Bundesgesundheitsministerium (BMG) steht die Bezuschussung der Teildienste nicht auf der Agenda. „Einen pauschalen Zuschuss erhalten Apotheken gemäß § 20 ApoG für die Erbringung vollständiger Notdienste“, teilt ein Ministeriumssprecher auf Anfrage mit. Nach der derzeitigen Rechtslage seien öffentliche Apotheken grundsätzlich zur ständigen Dienstbereitschaft verpflichtet.

Die Abda teilt zur Nichtbezuschussung der Spät- und Teildienste mit: „Der Sachverhalt ist uns bekannt. Wir haben ihn in der Vergangenheit politisch adressiert und werden das weiterhin tun.“

In einer Stadt wie Hannover sind die Stadtapotheken mit Apotheken im angrenzenden Umland zu einem Dienstkreis zusammengefasst. Dieser Dienstkreis von insgesamt 137 Apotheken ist aktuell in 36 Gruppen unterteilt. Jeden Tag haben drei oder vier Apotheken für 24 Stunden Nacht- und Notdienst. Dabei leisten die Apotheken einen sogenannten Paralleldienst – sowohl Apotheken in der Stadt als auch Apotheken im Umland sind zeitgleich dienstbereit, um die Wege für die Patient:innen möglichst kurz zu halten. Diese Apotheken in Hannover-Stadt und -Umland leisten zehn bis elf Dienste im Jahr.

In ländlichen Regionen sind Apotheker:innen wesentlich häufiger dran. Der Dienstkreis Northeim hat zum Beispiel aufgrund der örtlichen Apothekendichte nur acht Mitglieder. Die Stadt versieht zusammen mit den Northeimer Landapotheken in Einbeck oder Bad Gandersheim einen vierzehntägigen Wechselturnus mit zusätzlichen Ergänzungsdiensten an Sonn- und Feiertagen.

Insel-Apotheken wie auf Norderney oder Juist haben rund um die Uhr Dienst – 365 Tage im Jahr. „Dies ist nur zu leisten, in dem die Apothekerin oder der Apotheker gleich über der Apotheke wohnt“, so die Sprecherin. Wer Notdienst hat, müsse innerhalb von zehn Minuten seine Apotheke erreichen können.

Ein Beispiel: Auf der Nordseeinsel Norderney wechseln sich drei Apotheken wöchentlich mit dem Notdienst ab. Das heißt, jede Apotheke hat alle drei Wochen von Freitag bis Freitag eine Woche lang Nacht- und Notdienst. Nur in der Zeit von Montag bis Freitag, von 13 bis 15 Uhr, und Samstag von 13 bis 14 Uhr ist die Apotheke vom Dienst befreit. Auf der Insel Juist gibt es nur eine Apotheke. Der Apotheker dort ist rund um die Uhr dienstbereit und nur für wenige Stunden am Tag vom Dienst befreit, von 6 bis 9 Uhr, von 12 bis 16 Uhr und von 18 bis 20 Uhr.

„Die Dienstbelastungen sind, wie die Beispiele zeigen, sehr unterschiedlich und sind geografisch bedingt. In kleinen Notdienstkreisen ist die Belastung sehr hoch und wird vor allem durch die Personalprobleme forciert“, sagt die Sprecherin. In diesen Kreisen werden bestehende Regelungen, vor allem anlässlich von Apothekenschließungen, immer wieder auf den Prüfstand gestellt. Dabei gehe es darum, eine Balance zu finden zwischen der Belastung der Apotheken einerseits und der Belastung der Bevölkerung, für die die Wege in die nächste dienstbereite Apotheke zumutbar bleiben sollen.

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