Am Buß- und Bettag kamen in Niedersachsen die Delegierten der Apothekerkammer Niedersachsen traditionell zu ihrer Herbstsitzung zusammen. Die Themen: Lagebericht der Kammerpräsidentin Cathrin Burs, die Entscheidung für Online-Wahlen und neue Mindestöffnungszeiten.
Burs nahm in ihrem Bericht die Rolle von Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) als ehemaliger Berater von Ulla Schmidt (SPD) noch einmal ins Visier. Das GKV-Modernisierungsgesetz, Etablierung des Rabattvertragssystems und nicht zuletzt auch 2004 die Zulassung des Rx-Versandhandels – vieles sei diesem Duo zuzuschreiben.
Gerade Letzteres sei eine Entscheidung, die es internationalen Konzernen ermöglicht habe, das deutsche Gesundheitswesen zu nutzen. „Ein irreparabler Strukturfehler für die Versorgung der Menschen mit verschreibungspflichtigen Arzneimitteln“, betonte Burs. Gewinnmaximierung und Gemeinwohl seien widersprüchliche Ziele, die zu Fehlentwicklungen im Gesundheitswesen führen könnten.
Aber auch Lauterbachs aktuelle „Alleingänge“ und seine mangelnde Dialogbereitschaft mit der Apothekerschaft waren Thema. Light-Apotheken seien eine „Kampfansage an das System der freiberuflich geführten Apotheke“, bewährte Versorgung gerade in strukturschwachen Regionen würde sich so verschlechtern. „Das ist das Gegenteil von dem, was die Regierung in ihrem Koalitionsvertrag versprochen hat: nämlich die Schwächung statt Stärkung der Apotheken.“
Burs dankte den Delegierten für ihr großes Engagement und ihre Beteiligung bei den Protesten im Sommer und in Hannover Anfang des Monats. Die Branche habe sich stark und engagiert präsentiert und mit einer Stimme gesprochen. „Wir dürfen jetzt nicht nachlassen“, mahnte sie. „Sprechen Sie weiter mit Ihren Politikerinnen und Politikern vor Ort und erklären Sie Ihren Patientinnen und Patienten die Situation in den Apotheken.“ Die vermeintlich harmlose Liberalisierung könnte sonst weitere irreparable Fehler bringen.
Benjamin Rohrer, Leiter Kommunikation der Abda bereitete die Delegierten in seinem Gastvortrag auf einen „apothekenpolitischen Marathonlauf“ ein. Das Gesetzgebungsverfahren zur Strukturreform könne sich noch über ein halbes Jahr hinziehen. Kommunikationsschwerpunkte für 2024 seien neben dem politischen Protest auch die Themen E-Rezept, pharmazeutische Dienstleistungen und die Nachwuchsgewinnung sowie politische Gespräche auf kommunaler und Landesebene.
Durch Dr. Thomas Vorwerk vom Bundesverband Deutscher Krankenhausapotheker (ADKA) und Leiter der Zentralapotheke des Klinikums Region Hannover wurde auch die Rolle Krankenhausapotheker:innen auf Station angesprochen. Er lobte die seit 2022 bestehende gesetzliche Regelung in Niedersachsen, die Stationsapotheker:innen vorsieht. Einige Bundesländer würden bereits ähnliches diskutieren, so Vorwerk.
Im Hinblick auf den Fachkräfterückgang auch in Krankenhausapotheken regte er an, sich mit dem Einsatz künstlicher Intelligenz zu beschäftigen. KI könne Apotheker:innen auf den Stationen entlasten, sodass mehr Zeit für die Beratung der Patienten bleibe.
Die Kammerversammlung hat außerdem beschlossen, dass die Öffnungszeiten flexibler geregelt werden können. Demnach sei eine Mindestöffnungszeit von 30 Stunden in der Woche Pflicht, mindestens sechs Stunden jeweils montags, dienstags, donnerstags und freitags und zwischen 8 und 18.30 Uhr frei gestaltet. Mittwochs und samstags sowie an Feiertagen bleibt es unverändert bei mindestens drei Stunden im Zeitraum von 8 bis 14 Uhr. Die geänderte Allgemeinverfügung wird noch bekanntgegeben.
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