Deutschland wird vor Ort entschieden, lautet der Claim der FDP in Niedersachsen. Das hindert die Liberalen freilich nicht daran, sich gegen das Rx-Versandverbot stark zu machen. Auf dem Landesparteitag am Wochenende wird über einen Antrag pro Rx-Versandhandel beraten. Außerdem wollen die Antragsteller einen „begrenzten Preiswettbewerb“ zwischen den deutschen Apotheken zulassen. Damit folgt der Antrag der von FDP-Parteichef Christian Linder vorgegebenen Linie, die Apotheken nicht unter „Naturschutz“ zu stellen.
Der Antrag kommt von den FDP-Kreisverbänden Helmstedt und Grafschaft Bentheim. Darin heißt es, die FDP setze sich „auf allen Ebenen“ dafür ein, den Rx-Versandhandel in Deutschland und aus dem „EU-Ausland nach Deutschland“ zu erhalten. Zugleich soll entsprechend der Vorschläge der Monopolkommission die rechtlichen Voraussetzungen für einen „begrenzten Preiswettbewerb beim Einzelhandel“ mit Rx-Arzneimitteln geschaffen werden.
Der Rx-Versandhandel sei für „mobilitätseingeschränkte Personen und für alle, die gezwungenermaßen oder aus freier Wahl unabhängig von Ort und Zeit einkaufen wollen, sehr wichtig und sollte im Zeitalter von E-Commerce, E-Health und aufkommender Telemedizin eine selbstverständliche Ergänzung der Versorgung durch Präsenzapotheken sein“, heißt es im Antrag als Begründung. Die Möglichkeit zum Bezug „etwas preisgünstigerer Arzneimittel“ biete insbesondere für chronisch Kranke eine „willkommene Entlastung“. So ähnlich argumentierte auch schon die SPD. Im weiteren Verlauf der Antragsbegründung verweisen die Antragsteller auf das EuGH-Urteil und die politische Diskussion in den Regierungsparteien.
Die FDP-Kreisverbände glauben, mit ihrem Antrag die Apotheken in eine bessere Wettbewerbsposition rücken zu können: Apotheken könnten dann mit „kundenfreundlichen Leistungen“ werben. Dazu könnten etwa besondere Beratungs- und Serviceleistungen gehören, Spezialisierung oder längere Öffnungszeiten. Überraschenderweise zählen die FDP-Kreisverbände dann auch die Standortwahl auf. Außerdem könnten die Apotheken dann mit „günstigen Preisen für alle Arzneimittelgruppen werben“. Offenbar wissen die Antragsteller nicht, dass Werbung für Rx-Arzneimittel grundsätzlich verboten ist.
Damit will die FDP auch das Problem der Landapotheken lösen: „Es könnte ein Anreiz entstehen, sich dort niederzulassen, wo die Apothekendichte gering ist, um höherer Preise zu erzielen. Im Klartext: Die Landbevölkerung müsste für Arzneimittel tiefer in die Tasche greifen. „Mit diesem System käme es zu einem fairen Wettbewerb innerhalb der deutschen Apotheken und zwischen deutschen Präsenzapotheken und ausländischen Versandapotheken“, glauben die Antragsteller. Damit beim FDP-Wettbewerb die kleinen Apotheken trotz nicht unter die Räder geraten, sollen die Apotheken größere Freiräume erhalten: „Um den Ertrag umsatzschwacher Apotheken in ländlichen Raum zu steigern, sollten einige bisher eng gefassten Regeln gelockert werden“.
Der Antrag für den Landesparteitag der niedersächsischen FDP liegt damit ganz auf der von FDP-Chef Christian Lindner vorgegebenen Linie: „Es wäre falsch, die Apotheken unter Naturschutz zu stellen und den Versandhandel zu verbieten“, sagte Lindner bereits im November. Man brauche aber einen fairen Wettbewerb. Er plädierte für einen Ausgleich über das Apothekenhonorar, wie er auch von der SPD vorgeschlagen wurde. „Apotheken sollten etwa für zusätzliche Beratungsleistungen und die Erbringung einer Grundversorgung besser vergütet werden, auch muss man Begrenzungen des Sortiments in Frage stellen. Statt Verbote, die uns in das letzte Jahrhundert katapultieren, brauchen wir bessere Regeln für Wettbewerb“, so Lindner.
Als Ergänzung zu Lindner schlug die für Gesundheitsfragen zuständige stellvertretende FDP-Vorsitzende Marie-Agnes Strack-Zimmermann vor, dass apothekenübliche Warensortiment zu erweitern: Es werde „endlich Zeit, dass die bislang geltende Produktbegrenzung für Apotheken konsequent entfällt“, so Strack-Zimmermann. Das Konsumverhalten der Menschen verändere sich. Auf Dauer werde es, wie in allen anderen Branchen auch, die Möglichkeit geben, sowohl online als auch im Geschäft vor Ort einzukaufen. Hierbei werde keine Berufsgruppe ausgenommen werden. „Insofern ist es wichtig, dass der Gesetzgeber den inhabergeführten Apotheken in Zukunft endlich auch die kaufmännische Luft zum atmen lässt, die sie benötigen, um auf einen sich veränderten Markt erfolgreich reagieren zu können“, so die FDP-Vize.
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