Offenbar finden die Apotheker mit ihren Sorgen bei der FDP doch noch Gehör – zumindest in Niedersachsen. Beim Landesparteitag wurde nach ausführlicher Diskussion ein Antrag gegen das Rx-Versandverbot und für einen „begrenzten Preiswettbewerb“ abgebügelt. Doch damit ist die Gefahr noch nicht vom Tisch: Für den FDP-Bundesparteitag Ende April liegt ein vergleichbarer Vorschlag auf dem Tisch.
Der Antrag zum Landesparteitag wurde von den FDP-Kreisverbänden Helmstedt und Grafschaft Bentheim ins Rennen geschickt. Darin hieß es, die FDP setze sich „auf allen Ebenen“ dafür ein, den Rx-Versandhandel in Deutschland und aus dem EU-Ausland nach Deutschland zu erhalten. Zugleich sollten entsprechend der Vorschläge der Monopolkommission die rechtlichen Voraussetzungen für einen „begrenzten Preiswettbewerb beim Einzelhandel“ mit Rx-Arzneimitteln geschaffen werden und Apotheken sogar mit Rx-Preisen werben dürfen.
Darüber gab es beim Delegiertentreffen eine rege Diskussion mit mehreren Wortbeiträgen. Weil am Ende die Meinungen gegeneinander standen, wurde die Entscheidung erst einmal vertagt. Die weitere Diskussion soll im Landesfachausschuss geführt werden. Dort gibt es immerhin Sachverstand: Apotheker Michael Winkler sitzt dort mit am Tisch und hofft, seinen Einfluss geltend machen zu können.
Der kleine Sieg in Niedersachsen ist aber nur ein Zwischenerfolg. Zum FDP-Bundesparteitag liegt ein Antrag des Bundesfachausschusses Gesundheit auf dem Tisch. Darin wird ebenfalls der Erhalt des Rx-Versandhandels gefordert: „Ein pauschales Versandhandelsverbot lehnen wird ab“, denn die Patienten sollten die Wahlfreiheit haben, von wem sie ihre Rx-Arzneimittel beziehen, heißt es dort. Die FDP halte ein „differenziertes Angebot für zwingend erforderlich“.
Die FDP will die Bundesregierung daher auffordern, faire Bedingungen für den Wettbewerb zwischen inhabergeführten Apotheken und ausländischen Versandapotheken zu schaffen. Vor-Ort-Apotheken sollten neue Abrechnungsmöglichkeiten für besondere Leistungen erhalten, insbesondere für individuelle Beratung. Zum Erhalt gefährdeter Apotheken an „abgelegenen Standorten“ schlägt die FDP einen „Sicherstellungszuschlag“ vor. Notdienste müssten zudem „angemessen“ honoriert werden und der Abbau von Bürokratie vorangetrieben werden.
In der Begründung erläutert der Bundesfachausschuss zunächst das Rx-Honorarsystem bei der Arzneimittelabgabe. Versandapotheken erhielten zwar das gleiche Honorar, erfüllten aber nicht die damit bei den Präsenzapotheken abgegoltenen Leistungen wie Rezeptur, Not- und Nachtdienst: „So können sie als ergänzender Versorger dienen, jedoch auf Grund der ihrer Limitierung keinen Nacht- und Wochenend-Notdienst mit sofortiger Verfügbarkeit der Arzneimittel leisten“, schreibt der Bundesfachausschuss.
Durch das EuGH-Urteil sei ein Ungleichgewicht zu Lasten der Vor-Ort-Apotheken entstanden, räumt der Bundesfachausschuss ein. Die von der FDP geforderten fairen Wettbewerbsbedingungen könnten aber nicht durch ein „höchst fragwürdiges Versandhandelsverbot“ erreicht werden. Dies schränke nicht nur die Wahlfreiheit der Patienten ein, sondern auch die inländischen Apotheken mit Versandhandel. „Vielmehr sollten inhabergeführte Apotheken in Deutschland gestärkt werden“, so die FDP. Neben höherem Nacht- und Notdiensthonorar könne dies unter anderem über den „Abbau der umfangreichen Dokumentationspflichten“ erfolgen, der den Apothekern mehr Zeit für individuelle Beratung einräume.
Der Vorschlag des Bundesfachausschusses liegt damit zumindest teilweise auf der von FDP-Chef Christian Lindner vorgegebenen Linie: „Es wäre falsch, die Apotheken unter Naturschutz zu stellen und den Versandhandel zu verbieten“, sagte Lindner bereits im November. Man brauche aber einen fairen Wettbewerb. Er plädierte ebenfalls für einen Ausgleich über das Apothekenhonorar, wie er auch von der SPD vorgeschlagen wurde. „Apotheken sollten etwa für zusätzliche Beratungsleistungen und die Erbringung einer Grundversorgung besser vergütet werden, auch muss man Begrenzungen des Sortiments in Frage stellen. Statt Verbote, die uns in das letzte Jahrhundert katapultieren, brauchen wir bessere Regeln für Wettbewerb“, so Lindner.
Als Ergänzung zu Lindner schlug die für Gesundheitsfragen zuständige stellvertretende FDP-Vorsitzende Marie-Agnes Strack-Zimmermann vor, dass apothekenübliche Warensortiment zu erweitern. Es werde „endlich Zeit, dass die bislang geltende Produktbegrenzung für Apotheken konsequent entfällt“, so Strack-Zimmermann.
Das Konsumverhalten der Menschen verändere sich. Auf Dauer werde es, wie in allen anderen Branchen auch, die Möglichkeit geben, sowohl online als auch im Geschäft vor Ort einzukaufen. Hierbei werde keine Berufsgruppe ausgenommen werden. „Insofern ist es wichtig, dass der Gesetzgeber den inhabergeführten Apotheken in Zukunft endlich auch die kaufmännische Luft zum atmen lässt, die sie benötigen, um auf einen sich veränderten Markt erfolgreich reagieren zu können“, so die FDP-Vize. Ihre Idee wurde vom Bundesfachausschuss nicht aufgegriffen.
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