Romantisierung des Light-Konzepts

Nicht ohne meine Mutter-Apotheke

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Berlin -

In seiner aktuellen „Sprechstunde“ auf Instagram hat Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) den Begriff der „Mutter-Apotheke“ eingeführt. Was schon semantisch extrem irritiert, entpuppt sich als Versuch, das umstrittene Light-Konzept in ein schöneres Kleid zu stecken. Das funktioniert aber nicht.

Schon Telepharmazie ist im Kontext der lauterbachschen Liberalisierungspläne ein Euphemismus, mit dem neuen Begriff der Mutter-Apotheke versucht er, von der Schwachstelle seines Konzepts abzulenken. Mutter, das klingt nach Schutz und Geborgenheit, nach Fürsorge. Mutter Erde, der Ursprung allen Lebens und Seins, ist in unterschiedlichen Mythologien diejenige Instanz, die natürliche und schöne Dinge hervorbringt und sich um sie kümmert.

Der Begriff der Mutter-Apotheke will ein versöhnliches Bild für eine Apotheke mit Apothekerin, so wie sie heute exisitiert und gemeinhin nur „Apotheke“ genannt wird, zeichnen. Spiegelbildlich dazu steht die Filiale, in der ausschließlich eine PTA unter Fernaufsicht anzutreffen ist.

Mutterschiff und Beiboot

Die Mutter-Apotheke wird immer dann kontaktiert, wenn es eine pharmazeutische Frage gibt. So wie beim Mutterschiff auf hoher See ist eindeutig: Ohne Verbindung zur Brücke auf dem Tanker ist man auf hoher See in einem solchen Kahn verloren.

Die Umbenennung offenbart, dass Lauterbach die PTA in Wirklichkeit degradieren will: Zwar muss die Tochter irgendwie ohne die Mutter zurechtkommen. Wenn es aber um die wichtige oder relevante Entscheidungen geht, muss sie auf Anweisungen von der Basis warten. Das erhebt sie nicht zur Befugten in der Filiale, sondern degradiert sie zur Handlangerin der reduzierten Ausgabestelle für Arzneimittel.

Ein Kompetenz-Zugeständnis für PTA sieht jedenfalls anders aus. Zwar behauptet Lauterbach selbst, dass „die eigentliche Abgabe dann durch PTA passieren“ würde. „Das passiert ja auch jetzt schon in vielen Präsenzapotheken.“ Aber der Unterschied ist, dass man vor Ort zusammenarbeitet. Im lauterbachschen Modell diktiert die Mutter aus der Ferne – und die Tochter macht, was man ihr sagt. Das ist Lauterbachs Bild davon, was in der Apotheke geschieht.

Allzu schmackhaft macht er seine Pläne den Teams damit nicht. Denn um im Bilde zu bleiben, gilt: „Eltern haften für ihre Kinder.“

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