Die Arzneimittelausgaben sind im ersten Halbjahr deutlich stärker gestiegen als zwischen Ärzten und Krankenkassen vereinbart. Nach Angaben des Bundesgesundheitsministeriums gaben die Kassen in den ersten sechs Monaten 21,4 Milliarden Euro aus. Das bedeutet einen Anstieg von 4,9 Prozent. Vereinbart sind nur 3,7 Prozent. Laut BMG spielen dafür weiterhin die Entwicklungen im Bereich innovativer Arzneimittel eine zentrale Rolle. Entlastet werden die Kassen nach wie vor durch deutliche höhere Ersparnisse mittels Rabattvereinbarungen mit Plus 8,3 Prozent.
Zum ersten Mal seit langer Zeit rutschten die Kassen im ersten Halbjahr 2019 in die roten Zahlen. Insgesamt haben die gesetzlichen Krankenkassen bei einem Ausgabenvolumen von 125 Milliarden Euro im 1. Halbjahr 2019 laut BMG „ein leichtes Defizit“ von rund 544 Millionen Euro verbucht. Die Einnahmen der Krankenkassen sind im Vergleich zum Vorjahreszeitraum um 3,6 Prozent und die Ausgaben um 4,7 Prozent gestiegen. Trotzdem liegen ihre Finanzreserven immer noch bei rund 20,8 Milliarden Euro. Im Durchschnitt entspreche dies etwa einer Monatsausgabe und damit etwa dem Vierfachen der gesetzlich vorgesehenen Mindestreserve.
Bundesgesundheitsminister Jens Spahn: „Die gesetzlichen Krankenversicherungen stehen weiterhin gut da. Dabei helfen die gute Konjunktur und eine maßvolle Ausgabenpolitik. Die aktuellen Kassenzahlen zeigen in die richtige Richtung: Notwendige Leistungsverbesserungen kommen jetzt bei den Versicherten an. Und Krankenkassen mit übermäßig hohen Finanzreserven haben endlich begonnen, ihre Mitglieder über geringere Zusatzbeiträge zu entlasten.“
Einnahmen in Höhe von rund 124,7 Milliarden Euro standen Ausgaben von rund 125,2 Milliarden Euro gegenüber. Damit sind die Gesamteinnahmen der Krankenkassen um 3,6 Prozent gestiegen. Die Ausgaben für Leistungen und Verwaltungskosten verzeichneten bei einem Anstieg der Versichertenzahlen von rund 0,5 Prozent einen Zuwachs von 4,7 Prozent. Zum Stichtag 1. Juli 2019 lag der durchschnittliche Zusatzbeitragssatz mit 0,99 Prozent erstmals seit 2015 wieder unterhalb der 1-Prozent-Marke und damit rund 0,1 Prozentpunkte unterhalb des durchschnittlichen Zusatzbeitragssatzes im Jahr 2018.
Auf der Einnahmeseite ist zu berücksichtigen, dass der von den Krankenkassen erhobene durchschnittliche Zusatzbeitragssatz um rund 0,1 Prozentpunkte unterhalb des Niveaus des Vorjahreszeitraums lag. Auf der Ausgabenseite spiegeln sich auch Mehrausgaben aus dem Pflegepersonal-Stärkungsgesetz und Terminservice- und Versorgungsgesetz wider, die Anfang des Jahres bzw. im Laufe des 2. Quartals in Kraft getreten sind.
Bei einer differenzierten Betrachtung nach Krankenkassenarten ergibt sich folgendes Bild: Die Allgemeinen Ortskrankenkassen (AOKen) verzeichneten im 1. Halbjahr ein leichtes Defizit von rund 68 Millionen Euro, die Ersatzkassen von 297 Millionen Euro, die Betriebskrankenkassen (BKKen) von 126 Millionen Euro und die Innungskrankenkassen (IKKen) von 95 Millionen Euro. Bei AOKen, Ersatzkassen und IKKen ist der Ausgabenüberschuss weitestgehend jeweils auf Defizite einer großen Krankenkasse mit hohen Finanzreserven zurückzuführen. Einnahmenüberschüsse gab es bei der Knappschaft-Bahn-See mit 24 Millionen Euro und der Landwirtschaftlichen Krankenversicherung mit 18 Millionen Euro.
Der Gesundheitsfonds, der zum Stichtag 15. Januar 2019 über eine Liquiditätsreserve in einer Größenordnung von rund 9,7 Milliarden Euro verfügte, verzeichnete ähnlich wie im Vorjahreszeitraum einen saisonüblichen Ausgabenüberhang von rund 2,9 Milliarden Euro. Aus dem unterjährigen Defizit des Gesundheitsfonds können keine Rückschlüsse auf eine ähnliche Entwicklung im weiteren Jahresverlauf gezogen werden. Denn die Einnahmen aus der Verbeitragung von Sonderzahlungen wie Weihnachtsgeldzahlungen fließen dem Gesundheitsfonds weitestgehend in der zweiten Jahreshälfte zu. Hinzu kommen weitere Zusatzeinnahmen, aus den Rentensteigerungen zur Jahresmitte.
Die Ausgaben für Krankenhausbehandlung sind im 1. Halbjahr 2019 um 2,9 Prozent und damit weiterhin moderat gestiegen. Bei Erhöhungen der Landesbasisfallwerte von durchschnittlich rund 2 ½ Prozent spricht vieles dafür, dass es in den Krankenhäusern auch in den Monaten Januar bis Juni nur eine moderate Mengenentwicklung gegeben hat. Im Bereich der vertragsärztlichen Vergütung stiegen die Ausgaben um rund 4,0 Prozent. Hohe Zuwachsraten gab es dabei insbesondere durch höhere Vergütungen bei extrabudgetären psychotherapeutischen Leistungen (+14,5 Prozent), Hochschulambulanzen (+ 23,5 Prozent) und spezialisierter ambulanter Palliativversorgung (+15,6 Prozent).
Deutlich überproportional sind vor allem die Ausgaben für Heilmittel (+13 Prozent). Hier gab es in allen Leistungsbereichen (Physiotherapeuten, Ergotherapeuten, Logopäden und Podologen) zweistellige Zuwachsraten. Bei Heilmitteln machen sich vor allem die vom Gesetzgeber schrittweise vorgegebenen Honorarsteigerungen bemerkbar, die zu einer wesentlichen Verbesserung der wirtschaftlichen Situation der Heilmittelerbringer beitragen.
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