„Zukunft gemeinsam gewinnen“, so heißt das Motto des CDU-Parteitags in Berlin. Nach der Schlappe bei der jüngsten Bundeswahl soll jetzt ein neues Kapitel aufgeschlagen werden. Dabei geht es nicht nur um das neue Grundsatzprogramm, sondern auch um die Wahl eines neuen Präsidiums. Jetzt gehört auch Karl Josef Laumann –Gesundheitsminister in Nordrhein-Westfalen – zu einem der Stellvertreter des Parteivorsitzenden Friedrich Merz. „Eine wichtige personelle Weichenstellung“, sagt Frank Rudolph, Geschäftsführer Bundesverband Verrechnungsstellen Gesundheit (BVVG). Wird Laumann auf Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) folgen?
Lauterbach macht Gesundheitspolitik – Reformen und Gesetze – im Alleingang. Das Ergebnis könnte ein staatliches Gesundheitssystem wie in Großbritannien sein – zum Schaden der Patient:innen. Der BVVG ist laut Rudolph besorgt, dass es Lauterbach vor allem darum gehen könnte, mehr zentralstaatliche Machtbefugnisse zu erlangen, um Deutschlands Gesundheitspolitik nach dem „ideologischen Gusto der Sozialdemokraten“ gründlich umgestalten zu können.
Dass das deutsche Gesundheitssystem zu teuer, nicht effektiv genug und reformbedürftig ist, kann laut BVVG niemand bestreiten. „Reformen dürfen jedoch nicht von einem Minister oktroyiert werden, wie ehrgeizig und von sich überzeugt er auch sein mag“, heißt es vom BVVG. Um so wichtiger sei es, Lauterbach fachlich, politisch und notfalls auch verfassungsrechtlich in die Schranken zu weisen.
Zu den wichtigsten und einflussreichsten Gegenkräften gehört aus Sicht von Rudolph insbesondere Laumann. Der CDU-Politiker hatte Lauterbach unlängst Wortbruch vorgeworfen. Er reagierte damit auf dessen Erklärung, die Krankenhausreform sei – entgegen früheren Zusicherungen – nicht mehr im Bundesrat zustimmungspflichtig.
„Dass Lauterbach angesichts eines absehbaren Debakels seiner SPD bei der nächsten Bundestagswahl aufs Tempo drückt, um das wichtigste Projekt seiner Amtszeit durchzuboxen, ist nachvollziehbar“, so die BVVG. Die Wahl Laumanns zu einem der fünf stellvertretenden Parteivorsitzenden sei daher ein klares Signal gewesen.
Mit fast 92 Prozent holte Laumann das beste Wahlergebnis. Das zeige, wie beliebt der NRW-Minister in der CDU ist und wie groß die in ihn gesetzten Erwartungen auf Bundesebene seien. Die anderen vier Stellvertreter sind Michael Kretschmer, Andreas Jung, Silvia Breher und Karin Prien.
Für den künftigen sozial- und gesundheitspolitischen Kurs der CDU sei Laumanns Wahl jedenfalls eine wichtige personelle Weichenstellung. „In der Partei hat sich offenkundig auch die Erkenntnis durchgesetzt, dass unbewältigte Probleme in der medizinischen Versorgung und der Pflege ebenso wie im Sozialsystem die Entscheidungen von immer mehr Wählern beeinflussen“, so Rudolph.
„Der mag ja studiert haben, aber ich habe schon mit 13 Jahren Kühe verkauft“, zitierte die „Die Glocke“ Laumann jüngst im Zusammenhang mit Lauterbachs Krankenhausreform. Laumann ist gelernter Maschinenschlosser und redet unverblümt und volksnah. Zudem ist Laumann seit 2005 Vorsitzender des CDU-Arbeitnehmerflügels (CDA) und genießt den Ruf als „das soziale Gewissen der Christdemokraten“.
„Nach seiner Wahl zum stellvertretenden CDU-Vorsitzenden drängt sich die Frage auf, ob der bodenständige Münsterländer nach dem Ende der Ampel Deutschlands nächster Bundesgesundheitsminister wird“, so der BVVG. „Klar ist, dass es so gut wie nichts gibt, was gegen ihn spräche. Wohl auch nicht sein Alter, auf das manche Beobachter verweisen.“
Außerdem kennt Laumann die Abläufe im Bundesgesundheitsministerium (BMG). Von Dezember 2013 bis Juni 2017 war er der Patientenbeauftragte der Bundesregierung sowie Bevollmächtigter der Bundesregierung für Pflege im Amt eines Staatssekretärs des BMG.
„Mit ihm als Bundesgesundheitsminister würde die Klinikreform sicherlich an ihren praktischen Auswirkungen gemessen werden und wo immer nötig korrigiert und damit in vernünftige Bahnen gelenkt werden“, weiß der BVVG. Ernste Versorgungslücken – vor allem in ländlichen Regionen, wie sie die Deutsche Krankenhausgesellschaft (DKG) und Ärzte- sowie Patientenvertreter befürchten, ließen sich dadurch wohl weitgehend vermeiden.
Laumann hatte sich in der Vergangenheit für die Apotheken starkgemacht. Auf dem Deutschen Apothekertag (DAT) machte der CDU-Politiker klar: „Es wird noch Apotheken geben, wenn Lauterbach schon Geschichte ist.“ Außerdem forderte Laumann, dass strukturierte Maßnahmen zur Sicherung der Arzneimittelversorgung ergriffen werden müssten. „So lange kann und muss die Apothekerschaften helfen, über diese Situation so gut hinwegzukommen wie es geht.“ Den damit verbundenen Aufwand müsse man fair ausgleichen: „Die Achtung vor menschlicher Arbeit hat nicht nur, aber auch mit Bezahlung zu tun.“
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