Ärztetag

MVZ: Ärzte wollen Fremdbesitzverbot

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Berlin -

Der Deutsche Ärztetag hat die Bundesregierung aufgefordert, konkrete Gesetzesmaßnahmen zu ergreifen, um die zunehmende Kommerzialisierung im Gesundheitswesen zu stoppen. Der Verlust von Angebotsvielfalt sowohl im ambulanten als auch im stationären Sektor schränke die freie Arzt- und Krankenhauswahl zu Ungunsten der Patienten ein. Der vielfach geforderte und angestrebte faire Wettbewerb mit dem Vergleich von Qualität, Preisen und Leistungen könne somit nicht mehr stattfinden. „Das schadet allen: Patienten, Ärzten und Kostenträgern“, so der Ärztetag. Auch die Digitalisierung dürfe man nicht dem freien Markt überlassen.

Die Abgeordneten haben ihre Kritik an der fortschreitenden Übernahme ambulanter Versorgungsstrukturen durch Fremdinvestoren bekräftigt. Diese Entwicklung gefährde ärztliche Unabhängigkeit und damit die Patientensicherheit. Die mit dem Terminservice- und Versorgungsgesetz (TSVG) vorgenommenen Neuregelungen im Bereich der Dialyse- und Zahnarztketten reichen nach Auffassung des Ärzteparlaments nicht aus, um die freiberuflichen Strukturen gegen eine zunehmende Kommerzialisierung zu verteidigen. Notwendig sei es, Regeln für juristische Personen des Privatrechts in der ambulanten ärztlichen Versorgung zu schaffen, „die ordnenden Charakter haben“.

Es gelte, die Trennung von freiberuflicher und gewerblicher Tätigkeit zu erhalten. Hierzu bedürfe es Regelungen, die die selbstständige oder angestellte ärztliche Tätigkeit in juristischen Personen des Privatrechts betreffen. Diese darf nur zulässig sein, wenn Gegenstand des Unternehmens die ausschließliche Wahrnehmung heilkundlicher Tätigkeiten ist und die Mehrheit der Geschäftsanteile und Stimmrechte Ärztinnen und Ärzten zustehen, die in der Patientenversorgung tätig sind. Gewinnabführungs- und Beherrschungsverträge sind zu untersagen.

Der Deutsche Ärztetag hatte bereits am vergangenen Dienstag in einem Grundsatzbeschluss gefordert zu prüfen, die Größe und den Versorgungsumfang von medizinischen Versorgungszentren (MVZ) zu begrenzen und die Gründung durch Krankenhäuser an einen fachlichen und räumlichen Bezug zum Versorgungsauftrag zu koppeln. Auch sollten Anträge auf Zulassung sowie auf Anstellung eines Arztes dann abgelehnt werden, wenn das MVZ eine marktbeherrschende Stellung erlangt.

Auch bei der Einführung und beim Einsatz digitaler Anwendungen in der Gesundheitsversorgung machen sich die Ärzte Sorgen, dass Patienteninteressen zu kurz kommen könnten. Grundsätzlich begrüße man digitale Instrumente, die dazu beitragen, die Patientenversorgung weiter zu verbessern. Persönliche medizinische Daten dürften aber nicht zur Ware oder Tauschmasse werden, stellte der Ärztetag klar. Digitalisierung dürfe nicht zum gläsernen Patienten führen. Notwendig sei deshalb ein „positiv formulierter Ordnungsrahmen“ für die Digitalisierung im Gesundheitswesen. Diesen Ordnungsrahmen sollte das Bundesgesundheitsministerium (BMG) entwickeln und mit den beteiligten Organisationen diskutieren.

Zu den Eckpunkten eines solchen Ordnungsrahmens müsse insbesondere ein klares Bekenntnis zur Freiwilligkeit der Nutzung digitaler Anwendungen durch Patienten zählen. Ebenso sei eine valide Nutzenbewertung digitaler Anwendungen zum Beispiel in dauerhaften Erprobungsregionen unabdingbar.

Außerdem forderte der Ärztetag die zügige Einführung der bereits seit Ende 2017 fertig spezifizierten medizinischen Anwendungen Notfalldaten und eMedikationsplan mit einer begleitenden Evaluation. Hintergrund ist, dass in dem gegenwärtig von der Gematik praktizierten Marktmodell die Industrie in eigener Verantwortung für die Tests und die flächendeckende Einführung zuständig ist. Damit bleibe grundsätzlich offen, ob, wann und vor allem in welcher Qualität diese Anwendungen den Ärzten zur Verfügung gestellt werden, so der Ärztetag. Das Marktmodell sei für die Entwicklung und Einführung digitaler medizinischer Anwendungen nicht geeignet.

Der Ärztetag warnte zudem davor, dass digitale Anwendungen, zum Beispiel Apps, von den Krankenkassen direkt ihren Versicherten ohne Einbindung eines behandelnden Arztes zur Verfügung gestellt werden. Dies gefährde die Arzt-Patienten-Beziehung. „Krankenkassen sind Kostenträger und sollten über diesen Weg keine medizinischen Leistungen erbringen“, so der Ärztetag.

Ferner müssten digitale Patientendaten gegen unbefugten Zugriff technisch bestmöglich gesichert sein. Es bedürfe einer Klarstellung des Gesetzgebers, dass die Verantwortung des behandelnden Arztes hinsichtlich der Vertraulichkeit patientenbezogener Daten beim Übergang vom Konnektor in die Telematikinfrastruktur endet.

Zudem stellte der Ärztetag klar, dass Ärztinnen und Ärzte, die sich nicht an die Telematikinfrastruktur anschließen möchten, dazu nicht durch finanzielle Sanktionen gezwungen werden sollten. „Sanktionen sind kein geeignetes Mittel, Akzeptanz zu schaffen“, so der Ärztetag.

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