Geringes Risiko in Europa

Mpox: WHO ruft höchste Alarmstufe aus dpa, 15.08.2024 08:30 Uhr

Die WHO möchte Behörden weltweit zur Wachsamkeit ermahnen und hofft auf größere finanzielle Unterstützung für Eindämmungsmaßnahmen in Afrika. Foto: WHO/Pierre Albouy
Genf - 

Mehrere Mpox-Ausbrüche in Afrika und eine neue womöglich gefährliche Variante bedrohen die öffentliche Gesundheit weltweit. Die Weltgesundheitsorganisation (WHO) hat deshalb die höchste Alarmstufe ausgerufen. Sie erklärte eine „Gesundheitliche Notlage internationaler Reichweite“ (public health emergency of international concern, kurz PHEIC).

Konkrete Folgen hat dies nicht. Die WHO will damit zum einen Behörden in aller Welt zu erhöhter Wachsamkeit bringen. Sie hofft zudem auf mehr finanzielle Unterstützung von Eindämmungsmaßnahmen in Afrika.

Besondere Sorge bereitet der WHO eine neue Variante, die Ende 2023 in der Demokratischen Republik Kongo entdeckt worden ist. Es handelt sich um eine Sublinie der Mpox-Klade I, die als Ib bezeichnet wird.

Nach Beobachtung von Experten vor Ort dürfte sie ansteckender sein als bisherige Varianten und eine schwerere Infektion auslösen, sagte Dimie Ogoina, nigerianischer Spezialist für Infektionskrankheiten an der Niger Delta-Universität. Er leitete den WHO-Notfallausschuss unabhängiger Experten, die der WHO die Ausrufung der Notlage empfohlen haben.

Geringes Risiko in Europa

Die Europäische Gesundheitsbehörde ECDC hat das Risiko einer Ausbreitung der neuen Variante in Europa Ende Juli als „sehr gering“ eingeschätzt. Nach Angaben des Robert Koch-Instituts (RKI) gibt es bislang keine bekannten Fälle der Klade I.

„Mpox ist nicht so leicht übertragbar“, sagte Virenforscherin Marion Koopmans von der Erasmus-Universität Rotterdam. „Es wird durch direkten Kontakt verbreitet und ist daher – theoretisch – relativ leicht zu stoppen, wenn es diagnostiziert und erkannt wird.“

Die Ib-Variante breitet sich unter anderem durch Sexualkontakte aus, so Ogoina. In der Demokratischen Republik Kongo seien vor allem kleine Kinder infiziert, die einen Großteil der Todesfälle ausmachten.

14.000 Verdachtsfälle

2024 wurden schon mehr als 14.000 Verdachtsfälle und mehr als 500 Todesfälle aus der Demokratischen Republik Kongo und anderen Ländern gemeldet – mehr als im gesamten vergangenen Jahr. Ogoina warnte, das sei womöglich nur die Spitze des Eisbergs, weil nicht genügend getestet werde und nicht alle Infizierten zu Ärzten gingen.

Mpox hießen früher Affenpocken, weil sie zufällig erstmals bei Affen nachgewiesen worden waren. Generell will die WHO Krankheiten aber nicht nach Tieren oder Ländern benennen, in denen sie entdeckt werden, um Diskriminierungen vorzubeugen. Das Virus ist mit dem klassischen Pockenvirus Variola verwandt. Es löst vor allem Hautausschlag aus, aber auch Fieber und Muskelschmerzen. Es gibt zwei Impfstoffe, aber bei weitem nicht genügend Dosen, vor allem nicht in Afrika.

Wer hat Impfstoff?

Laut Tim Nguyen, Leiter der Abteilung für bedeutende Ereignisse im Bereich Epidemie- und Pandemievorbereitung und -prävention des WHO-Gesundheitsnotfallprogramms, stünden 500.000 Impfdosen vom MVA-BN-Impfstoff zum Kauf bereit. Weitere 2,4 Millionen könnten bis Ende des Jahres produziert werden, wenn es feste Aufträge gebe. Die WHO appellierte an Geberländer, dafür Geld bereitzustellen. Sie bat Länder mit Lagerbeständen auch darum, Impfdosen abzugeben. Der zweite Impfstoff LC16 werde in Japan hergestellt, aber nicht kommerziell, sagte Nguyen. Japan sei aber immer sehr großzügig mit Spenden.

Die EU hat bereits angekündigt, gut 175.000 Dosen des MVA-BN-Impfstoffs zur Verfügung zu stellen. Hersteller Bavarian Nordic will 40.000 Dosen spenden.

2022 erste internationale Fälle

Die WHO hatte bereits im Juli 2022 einmal eine Notlage wegen Mpox ausgerufen. Damals wurden plötzlich aus mehr als 60 Ländern Fälle der Krankheit, die bis dahin praktisch nur in Afrika bekannt war, gemeldet, darunter auch Deutschland. Die Ansteckungen gingen auf Klade II zurück, die weniger starke Krankheitsverläufe verursacht.

In Deutschland gingen die Fallzahlen nach Aufklärung in Risikogruppen und Impfprogrammen ab August 2022 deutlich zurück. Im Mai 2023 hatte die WHO die Notlage wieder aufgehoben, weil das Infektionsgeschehen in den meisten Ländern unter Kontrolle gebracht worden war.