Nach den Plänen von Bundesgesundheitsminister Jens Spahn (CDU) sollen Apotheker künftig – zunächst im Rahmen von Modellprojekten – Grippeimpfungen durchführen können. Wie erwartet zeigen sich Bundesärztekammer (BÄK) und der Deutsche Hausärzteverband (DHÄV) von den Reformplänen wenig begeistert. Laut Ärztepräsident Dr. Frank Ulrich Montgomery geht es nicht um einen Stich allein. Und Hausärztechef Ulrich Weigeldt will Apotheker nur den Impfstatus erheben lassen.
„Impfen kann Leben retten. Deshalb müssen wir alles dafür tun, die Durchimpfungsraten in Deutschland zu erhöhen“, sagte BÄK-Präsident Montgomery dem Deutschen Ärzteblatt. Das gelte auch und gerade für die Grippeschutzimpfung. Er bezeichnete es aber als „kontraproduktiv“, das hohe Qualitätsniveau von Impfleistungen in Deutschland zu senken und das Impfrecht auch auf andere Professionen aus dem Gesundheitswesen zu übertragen. „Aus gutem Grund ist impfen nach den geltenden Gesetzen eine urärztliche Aufgabe“, mahnte Montgomery.
Es gehe nicht um den Stich allein. Vielmehr gehörten zu den ärztlichen Impfleistungen unter anderem die Impfanamnese, der Ausschluss akuter Erkrankungen und die Aufklärung zur Impfung. „Mögliche Komplikationen müssen beherrscht werden. Dies setzt eine entsprechende ärztliche Aus-, Weiter- und Fortbildung voraus. In Tagesseminaren lassen sich diese Kenntnisse nicht vermitteln“, so der BÄK-Präsident.
Der DHÄV-Bundesdesvorsitzende Weigeldt erklärte, es stehe außer Frage, dass die Apotheker wichtige Kompetenzen hätten. Das Impfen von Patienten zähle allerdings nicht dazu und gehöre eindeutig in die ärztliche Praxis. „Zwar ist die Grippeschutzimpfung in der Regel gut verträglich, allerdings sind Nebenwirkungen – etwa durch allergische Reaktionen – nie ganz auszuschließen“, so Weigeldt. Aus diesem Grund sollten Impfungen immer in einer Umgebung stattfinden, in der eine ärztliche Überwachung und notfalls auch Behandlung möglich sei.
In den Apotheken könnten laut Weigeldt stattdessen Impfchecks durchgeführt werden. In dieser Grippeimpfsaison sei bereits deutlich geworden, dass die Bereitschaft der Patienten, sich gegen Grippeviren impfen zu lassen, sehr hoch sei und keineswegs durch den Weg in die Arztpraxis gehemmt werde. Tatsächlich seien Verzögerungen bei Grippeschutzimpfungen auch nicht auf Wartezeiten in Praxen zurückzuführen gewesen, sondern auf regionale Versorgungsengpässe bei Grippeimpfstoffen. „Das sind keine Probleme, die man löst, indem man die Verantwortung auf mehr und mehr Schultern verteilt“, so der DHÄV-Chef.
Zu Wochenbeginn hatte Spahn seinen Entwurf für ein „Gesetz zur Stärkung der Vor-Ort-Apotheken“ vorgelegt. Der Referentenentwurf aus seinem Haus sieht unter anderem ein Rx-Boni-Verbot, ein Honorarplus von 205 Millionen Euro sowie ein Verbot von Arzneimittel-Abgabeautomaten ohne Apotheke vor. Außerdem soll es Modellprojekte für Grippeschutzimpfungen in der Apotheke geben und besondere Rezepte für eine Dauermedikation bei Chronikern. Für den Botendienst und den Versandhandel sollen außerdem Temperaturkontrollen für bestimmte Arzneimittel verpflichtend werden.
Zur Verbesserung der Impfquote können Krankenkassen nach den Plänen des BMG künftig mit Apothekern Verträge über Modellprojekte zur Durchführung von Grippeschutzimpfungen vereinbaren. Die Laufzeit der Projekte ist zunächst auf fünf Jahre begrenzt. Soweit das Berufsrecht der Apotheker dem nicht entgegensteht, können sie dann Impfung in der Apotheke durchführen. Die Sicherheit der Patienten soll durch ärztliche Schulungen der Impfenden sichergestellt werden.
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