Arzneimittelversorgung

Mit Videoapotheke ins Klinikzentrum

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Videoapotheken sollen nach dem Bekunden der Vertreiber die Arzneimittelversorgung auf dem Land verbessern. Die Apotheken verfolgen mit der Investition in die CoBox dagegen auch strategische Interessen. Im Wettbewerb um attraktive Standorte spielen Versorgungsnotstände eine untergeordnete Rolle. Nach einer Videoapotheke in einem MVZ in Marburg wird jetzt im Herz-Kreislauf-Zentrum Rotenburg (HKZ) eine CoBox installiert.

Über Versorgungslücken kann sich Rotenburg an der Fulda nicht beklagen. Die Stadt hat knapp 14.000 Einwohner und vier Apotheken. Über dem Ort thront auf dem Hausberg das HKZ, wo 65 Ärzte in sechs Fachkliniken jährlich rund 12.000 stationäre sowie 3000 ambulante Patienten versorgen. Zu Fuß sind es ins Zentrum zwei Kilometer, ein Shuttle-Bus bringt Patienten mehrmals täglich hin und zurück.

Apotheker Christian Hangen aus dem benachbarten Alheim sah daher einen Bedarf für ein zusätzliches Apotheken-Angebot. Ohnehin auf der Suche nach einem Standort für eine Filiale, entschied sich Hangen für eine CoBox in dem Klinikkomplex. Gestern wurde im Foyer des HKZ die Videoapotheke aufgebaut, am 1. September soll es losgehen.

Dass die Kollegen vor Ort von der Kabine wenig begeistert sind, weiß Hangen; dass sich die CoBox kurzfristig rechnet, glaubt er nicht: „Dazu müsste ich 15 bis 20 Patienten am Tag haben, das werde ich wohl nicht schaffen“, sagte er gegenüber APOTHEKE ADHOC. 75.000 Euro hat der Apotheker in die Videokabine investiert, dazu kommen laufende Kosten für die Miete, den Wartungsvertrag mit CoBox, die Internetverbindung und eine Elektronikversicherung.

Hangens größtes Problem: Die am HKZ angeschlossenen Ambulanzen liegen auf der anderen Straßenseite. Mit einer eigenen Kundenzeitschrift will der Apotheker daher Patienten in die Kabine locken. Der Apotheker hofft außerdem auf die rund 700 Mitarbeiter des Klinikums.

Im HKZ sind die Erwartungen an die CoBox eher zurückhaltend. „Das ist eine Ergänzung unseres Angebots im ambulanten Bereich, wir müssen abwarten, wie es angenommen wird“, sagte ein Sprecher gegenüber APOTHEKE ADHOC. Für die Versorgung der Stationen kommt Hangens CoBox nicht in Frage: Die Kliniken werden von einer Apotheke im 70 Kilometer entfernten Fulda beliefert, und das soll dem Sprecher zufolge so bleiben. Die Reha-Patienten werden sogar vorab aufgefordert, alle Medikamente mitzubringen, die nicht Teil ihrer Behandlung sind.

Mittelfristig glaubt Hangen trotzdem an den Erfolg des Modells, zumal sich die Fixkosten, verglichen mit einer Filiale vor Ort, nur auf ein Zehntel beliefen. „Wenn die Politik den rechtlichen Rahmen steckt, wird das Konzept interessant“, so Hangen. Deshalb habe er sich den Gebietsschutz gesichert - bevor es jemand anderes tut.

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