Preisbildung

AMNOG: Ärzte und Hersteller fordern Klarstellung

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Berlin -

Der Verband der forschenden Arzneimittelhersteller (VFA) und die Ärzteschaft drängen die Politik, die Preisbildung für neue Arzneimittel rasch zu konkretisieren. Nach dem Urteil des Landessozialgerichts Berlin (LSG), das Mischpreise verboten hatte, drohten sonst erhebliche Versorgungsprobleme für die Patienten in Deutschland: „Die rechtliche Unsicherheit ist groß“, sagte VFA-Hauptgeschäftsführerin Birgit Fischer beim Parlamentarischen Abend von Boehringer Ingelheim. Hersteller überlegten bereits, auf die Markteinführung neuer, innovativer Arzneimittel zu verzichten.  

Auch die Ärzteschaft sieht die LSG-Entscheidung kritisch: Zwar liege das abschließende Urteil noch nicht vor. „Aber schon jetzt lässt sich sagen, dass der Beschluss des LSG zu einer erheblichen Verordnungsunsicherheit bei den niedergelassenen Ärzten führen wird. Deshalb brauchen wir dringend eine gesetzliche Klarstellung“, erklärte Dr. Stephan Hofmeister, stellvertretender Vorstandsvorsitzender der Kassenärztlichen Bundesvereinigung (KBV): „Wir müssen unbedingt verhindern, dass Patienten keine Medikamente mehr erhalten, die sie benötigen und die auch medizinisch sinnvoll sind – und das nur aus dem Grund, weil es für sie keinen festgestellten Zusatznutzen gibt.“

Betroffen sind laut KBV vor allem Patienten von selteneren Erscheinungsformen schwerer Erkrankungen, zum Beispiel Krebspatienten mit seltenen Mutationen oder auch Kinder und Jugendliche, mit denen schon aus ethischen Gründen keine Arzneimittelstudien durchgeführt würden. Das LSG Berlin hatte Anfang März in einem überraschenden Urteil entschieden, dass die übliche Mischpreisbildung rechtswidrig ist.

Hintergrund ist ein vorläufiger Beschluss des LSG Berlin-Brandenburg zur Preisbildung bei Arzneimitteln, bei denen der Gemeinsame Bundesausschuss (G-BA) für bestimmte Patientengruppen einen Zusatznutzen festgestellt hat, für andere nicht. Demnach kann ein Erstattungsbetrag, der sowohl die Patientengruppen mit als auch jene ohne Zusatznutzen einpreist – nicht als wirtschaftlich erachtet werden, wenn das Arzneimittel für die Patientengruppe ohne Zusatznutzen teurer ist als die zweckmäßige Vergleichstherapie. Verschreiben Ärzte diese Medikamente trotzdem, droht ihnen ein Regress. Die Folge ist ein faktischer Verordnungsausschluss für bestimmte Patientengruppen.

Laut KBV lassen sich Patienten in der Praxis zudem nicht immer eindeutig einer Gruppe zuzuordnen: „Unsere Patienten entsprechen mit ihren Erkrankungen nicht immer den strengen Ein- und Ausschlusskriterien von klinischen Studien. Insofern handelt es sich bei einer ärztlichen Therapieentscheidung immer auch um eine individuelle Abwägung“, so Hofmeister. Deshalb sei es wichtig, dass Mischpreise – also ein Erstattungsbetrag, der sowohl die Patientengruppen mit als auch jene ohne Zusatznutzen einpreist – als wirtschaftlich anerkannt werden“, sagte Hofmeister. Sollte der Gesetzgeber keine Klarstellung vornehmen, könnten Ärzte die betroffenen Arzneimittel nicht mehr verschreiben, ohne dass ihnen Regresse über viele tausend Euro drohten.

Die Herstellerverbände und die Ärzteschaft haben bereits in ungewöhnlicher Form auf das Problem aufmerksam gemacht: In ihren Stellungnahmen zum Blut- und Gewebegesetz sind sie ohne Anlass auf das LSG Urteil eingegangen und haben die Koalitionsfraktionen zum handeln noch vor das Bundestagswahl aufgefordert.

VFA-Hauptgeschäftsführerin Fischer sieht im Urteil ein „Riesenproblem“. Sollte bis zur Bundestagswahl keine Klarstellung erfolgen, müsse die Branche über einen langen Zeitraum mit einer rechtlich unklaren Situation umgehen. „Das ist eine Lücke im Gesetz und eine große Herausforderung. Unternehmen fragen sich bereits, ob sie neue Arzneimittel unter diesen Umständen in Deutschland überhaupt noch auf den Markt bringen können.“

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