Die Bertelsmann-Studie machte Schlagzeilen: Braucht Deutschland statt 1400 Krankenhäusern etwa nur 600? Der Bedarf an Veränderung wird in den Ländern unterschiedlich eingeschätzt. Gemeinsam ist vielen Länderchefs die Sorge um die Menschen auf den Land.
In der Diskussion über die Zukunft kleinerer Krankenhäuser sehen einige Landesregierungen nur bedingt einen Bedarf für Schließungen zugunsten spezialisierterer Kliniken. In Gesprächen mit der Deutschen Presse-Agentur hoben mehrere Regierungschefs dagegen die Bedeutung einer guten Versorgung in der Fläche hervor. „Wir wollen ganz bewusst in unserem großen Flächenland ein dezentrales Krankenhausangebot aufrechterhalten», sagte etwa Niedersachsens Ministerpräsident Stephan Weil (SPD). Es gebe ein tiefes Bedürfnis nach guter medizinischer Versorgung in erreichbarer Nähe. Es brauche aber zukunftsfähige Konzepte, nicht jeder Standort sei optimal.
Viele Experten halten es für sinnvoll, kleinere Kliniken zu größeren zusammenzulegen und stärker auf Spezialisierung zu setzen. Für Wirbel hatte im Sommer eine Studie im Auftrag der Bertelsmann-Stiftung gesorgt: Statt knapp 1400 Kliniken bundesweit reichten deutlich unter 600 Krankenhäuser aus, hieß es dort. Das rief massive Kritik bei Ärzten und Kliniken hervor. Ärztepräsident Klaus Reinhardt forderte kürzlich aber auch eine „Bereinigung der Kliniklandschaft“, in Ballungsgebieten gebe es zu viele Standorte. Fehlendes Personal sind im Gesundheitswesen ein großes Problem, gesucht werden sowohl Pfleger als auch Ärzte.
„Der Hinweis auf abstrakte Statistiken kann nicht das tiefsitzende Bedürfnis der Menschen ersetzen, für alle Fälle in der Nähe ein Krankenhaus zu haben“, sagte Weil. Sein nordrhein-westfälischer Amtskollege Armin Laschet (CDU) sagte, er wolle „eine Krankenhauslandschaft, in der alle Patientinnen und Patienten innerhalb von 30 Minuten ein Krankenhaus erreichen“. Tendenziell gebe es aber eine Überversorgung in den Ballungsgebieten und eine Unterversorgung auf dem Land. Gleichzeitig gebe es Doppelangebote. Deshalb seien Konzentrationsprozesse und Spezialisierungen nötig.
Die Regierungschefin von Rheinland-Pfalz, Malu Dreyer (SPD), verwies auf den Anspruch auf gleichwertige Lebensverhältnisse: Das heiße, „dass die Grundversorgung in der Fläche gewährleistet werden muss, auch in der Krankenhaus-Versorgung.“ Es gehe um die Grundversorgung auf dem Land, nicht um hoch spezialisierte Leistungen. Das sieht ihr Amtskollege Daniel Günther (CDU) ähnlich: „In einem Flächenland wie Schleswig- Holstein haben wir ein großes Interesse daran, dass es in allen Teilen des Landes Klinik-Standorte gibt“, sagte er. „Es gab im Land ja bereits Schließungen einzelner Stationen, weil schlicht nicht genügend Personal da war.“ Deshalb müsse die Klinikstruktur überprüft werden.
In Thüringen hält Ministerpräsident Bodo Ramelow (Linke) eine stärke Spezialisierung der Krankenhäuser für angezeigt. „Die Landesregierung befürwortet eine flächendeckende Krankenhausversorgung mit spezialisierten Zentren mit hoher Fachkompetenz“, sagte er. Eine stärkere Spezialisierung bedeute jedoch nicht, dass Krankenhäuser schließen müssten. Sie seien gerade in ländlichen Regionen notwendig zur Absicherung einer ortsnahen Versorgung. „Zugleich wollen wir das Modell der für Hausbesuche qualifizierten Gemeindeschwester stärken, mit dem gerade im ländlichen Raum die ärztliche Versorgung verbessert werden kann“, sagte Ramelow.
Von Bremens Regierungschef Andreas Bovenschulte (SPD) hieß es knapp, Pläne, Klinikstandorte zu schließen, gebe es nicht. Bayerns Ministerpräsident Markus Söder sieht die Krankenhausversorgung im Freistaat flächendeckend gewährleistet: „Wir wollen Spitzenmedizin auch vor Ort im ländlichen Raum. Beides ist wichtig in einem Flächenland: Spitzenmedizin und regionale Erreichbarkeit“, sagte der CSU-Chef. In Bayern sei das erreicht worden, unter anderem mit Investitionen und einem Schutzschirm für kleine Häuser, damit diese den Transformationsprozess zu mehr Wirtschaftlichkeit schafften.
Kaum mehr Reformbedarf sieht Sachsens Ministerpräsident Michael Kretschmer (CDU). „Ich sehe Sachsen da nicht an vorderster Stelle, Veränderungen zu leisten“, sagte er. Wenn es Probleme gebe, dann nur punktuell. „Wir haben eine Kliniklandschaft, die solide und konsolidiert ist“, betonte Kretschmer. Das sei der Unterschied zu vielen anderen Bundesländern, in denen solche schmerzlichen Schritte nicht gegangen wurden.
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