Lohndumping und Sozialbetrug

Minister Heil nimmt Versandhandel ins Visier

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Berlin -

Versandapotheken locken Kunden oft mit hohen Rabatten auf OTC-Präparate, ausländische Versender bieten sogar Rx-Boni. Wie überall im Versandhandel spielt der Preis eine sehr große Rolle. Buchstäblich den Preis dafür zahlen andere: die Paketzusteller. Bundesarbeitsminister Hubertus Heil (SPD) will mit einem Gesetz gegen die völlig inakzeptablen Zustände vorgehen. Allerdings droht Ärger mit dem Koalitionspartner, denn in der Union gibt es Widerstände gegen die Nachunternehmerhaftung

Die Süddeutsche Zeitung hatte zuerst über den Gesetzentwurf „zur Erstreckung der Nachunternehmerhaftung für Sozialabgaben auf die Kurier-, Express- und Paketbranche“ aus dem Bundesarbeitsministerium (BMAS) berichtet. „Es geht um Recht und Ordnung am Arbeitsmarkt“, sagte Heil der Zeitung.

Kern des Entwurfs ist laut Bericht die sogenannte Nachunternehmerhaftung, die es schon in anderen Branchen gibt. Demnach ist der eigentliche Auftraggeber für die korrekten Arbeitsbedingungen bei seinen Subunternehmern verantwortlich. Konkret sollen die Paketdienste die Sozialbeiträge nachzahlen, wenn ihre Subunternehmer gegen die Versicherungspflicht verstoßen. Aufgrund des Preisdrucks schließen die Logistiker häufig Verträge mit Drittfirmen.

Heil will laut Bericht die Solidargemeinschaft vor solchen Umgehungen schützen und Schwarzarbeit sowie illegale Beschäftigung eindämmen. „Wir wollen Generalauftragnehmer verpflichten, im Zweifelsfall, wenn die Sozialversicherungsbeiträge bei den Subunternehmern nicht einzutreiben sind, auch in Haftung genommen zu werden“, so der Minister gegenüber der SZ. Es gebe „erhebliche Belege für massiven Missbrauch“ in der Branche.

Der Zoll hatte am 8. Februar eine bundesweite Razzia durchgeführt. Fast 3000 Zollbeamte der Finanzkontrolle Schwarzarbeit (FKS) waren im Einsatz – und stellten der Branche am Ende ein verheerendes Zeugnis aus: Bei fast 18 Prozent der 12.135 befragten Kuriere stimmte etwas nicht, meist Verdachtsfälle auf Mindestlohnunterschreitungen. Zusätzlich wurden aber auch 25 Strafverfahren eingeleitet sowie 49 Bußgeldverfahren. „Die Paketbranche ist so etwas wie die menschliche Rückseite des wachsenden Onlinehandels“, so Heil gegenüber der SZ.

Allerdings wird der Arbeitsminister Schwierigkeiten haben, seinen Entwurf durchs Kabinett zu bringen. Denn gegen die Nachunternehmerhaftung gibt es Vorbehalte bei Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) und Bundeswirtschaftsminister Peter Altmaier (CDU). Letzterer hatte unlängst erklärt, er halte es für den falschen Weg, den Auftraggeber haftbar zu machen, da dieser selbst keine Möglichkeit habe, die Subunternehmern zu kontrollieren.

Der arbeits- und sozialpolitische Sprecher der Union, Peter Weiß (CDU), hat heute Morgen gegenüber dem Deutschlandfunk erklärt, dass mehr Kontrollen aus seiner Sicht der richtige Weg sind. Deshalb werde im Bundestag gerade ein Gesetz beraten, mit dem Kontrollmechanismen verstärkt werden sollen, inklusive zusätzlichem Personal beim Zoll. „Es gelten bei uns die allgemeinen Gesetze für alle. Es gibt auch für Paketdienste keine Ausnahme“, so Weiß.

Der CDU-Politiker stimmt zu, dass ein Stundenlohn von vier Euro arbeiten ohne jede soziale Absicherung „mit sozialer Marktwirtschaft nicht vereinbar“ sei. „Deswegen haben wir ja den allgemeinen Mindestlohn geschaffen. Deswegen gibt es bei uns ein Arbeitszeitgesetz, gibt es klare Regelungen.“ Auch die Union bestehe darauf, dass faire Arbeitsbedingungen überall in Deutschland durchgesetzt würden, „selbstverständlich auch in der Paketbranche“. Und man sei jetzt dabei, die Kontrolle noch einmal deutlich zu verschärfen.

Eine bewährte Methode sei, sich einzelne Branchen für Schwerpunktkontrollen vorzunehmen, wie jetzt in der Paketbranche geschehen. „Wir würden das Thema ja gar nicht diskutieren, wenn nicht kontrolliert worden wäre“, so Weiß. Das Thema werde deswegen aktuell diskutiert, „weil durch Schwerpunktkontrollen im Bereich der Paketdienste aufgefallen ist, dass dort zum Teil mit Sub-, Subsub-, Subsubsubsub- und noch weiter Unternehmen gearbeitet wird, die sich zum Teil Vergehen gegen das Mindestlohngesetz zu Schulden kommen lassen haben, oder wo Auffälligkeiten aufgetreten sind“. Die Ausweitung der Nachunternehmerhaftung auf die Sozialbeiträge sei nichts als ein zusätzliches Drohmittel gegenüber der Branche.

Heil hatte sich gegenüber der SZ optimistisch gezeigt, sein Gesetz durchzubekommen. Im Bundesrat gebe es eine breite Unterstützung in der Angelegenheit, so der Arbeitsminister. „Ich rechne auch damit, dass die gesamte Regierung das Vorhaben unterstützt.“

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