Westfalen-Lippe

Michels sucht digitale Apotheken-Zukunft APOTHEKE ADHOC, 02.02.2018 13:55 Uhr

Berlin - 

Die Digitalisierung im Gesundheitswesen ist nicht mehr aufzuhalten. Beinahe täglich erscheinen neue Apps mit Angeboten für Patienten. Wie können Apotheken mithilfe moderner Technologien die Gesundheitsversorgung älterer und multimorbider Menschen in ländlichen Regionen optimieren? Dieser Frage geht jetzt der Apothekerverband Westfalen-Lippe (AVWL) mit seinem neuen Projekt „Apotheke 2.0“ auf den Grund – zusammen mit der Universität Osnabrück und dem Netzwerk Gesundheitsregion Euregio.

„Ziel des Projekts ist es, die Möglichkeiten der Digitalisierung zu nutzen, um den Menschen in strukturschwachen Regionen sinnvolle Versorgungsangebote zu machen und damit einen Umzug ins Pflegeheim oder stationäre Krankenhausaufenthalte so lange wie möglich zu vermeiden“, erklärt der AVWL-Vorsitzende Dr. Klaus Michels. Entwicklungsfelder könnten zum Beispiel in der Vollversorgung multimorbider Patienten oder in der IT-gestützten Dauermedikation durch Überwachen von Therapieabläufen liegen. Auch die Erweiterung des Apotheken-Serviceangebots für Pflegeeinrichtungen, pflegende Angehörige und Pflegebedürftige sei denkbar. „Angesichts des alarmierenden Pflegenotstandes könnten wir Apotheker dazu beitragen, eine wichtige Versorgungslücke zu füllen“, sagt Michels.

Eine zentrale Rolle in der Gesundheitsversorgung der Bevölkerung übernehme die Apotheke vor Ort laut des AVWL-Vorsitzenden vor allem aufgrund ihrer Niederschwelligkeit: „Häufig ist der Apotheker im Dorf der einzige verbliebene Ansprechpartner für gesundheitliche Probleme.“ Besonders für die wachsende Gruppe der älteren, weniger mobilen Menschen, die gleichzeitig einen hohen pharmazeutischen Betreuungs- und Beratungsbedarf hätten, sei diese Anlaufstelle unerlässlich.

„In Apotheken arbeiten Gesundheitsexperten, die in der Regel sehr gut einschätzen können, wann ihre Patienten weitergehende Unterstützung etwa durch einen Arzt benötigen“, ergänzt Hans-Jürgen Simacher, Geschäftsführer des Apothekerverbandes. Das Projekt „Apotheke 2.0“ möchte diese Lotsenfunktion nutzen, um die digitale Vernetzung der unterschiedlichen Akteure im Gesundheitssystem zu verbessern. Simacher: „Nur wenn sämtliche Beteiligten Hand in Hand arbeiten, vom Arzt über den Apotheker bis hin zum Pflegedienst, können wir eine möglichst hohe Behandlungsqualität erreichen.“

Im Gegensatz zu reinen Online-Angeboten bleibt der Fokus der „Apotheke 2.0“ laut den Projektverantwortlichen auf den individuellen Bedürfnissen der Patienten. „Unser Anspruch ist es, analoge und digitale Angebote dahingehend sinnvoll und intelligent zu verknüpfen, dass einer Entmenschlichung der Versorgung auf dem Land entgegengewirkt wird“, sagt Prof. Dr. Frank Teuteberg, Leiter des Fachgebiets für Unternehmensrechnung und Wirtschaftsinformatik an der Universität Osnabrück. Schließlich sei der Apotheker vor Ort für viele ältere Menschen nicht nur Gesundheitsexperte, sondern auch Vertrauensperson und soziale Anlaufstelle.

Wichtig ist den Projektverantwortlichen die Übertragbarkeit der Ergebnisse: „Die Tools und Konzepte, die im Rahmen des Projekts entwickelt werden, sollen am Ende Apotheken in sämtlichen Regionen des Landes nutzen können“, erklärt Teuteberg. Die Erkenntnisse und Ergebnisse aus dem Projekt „Apotheke 2.0“ sollen außerdem an das fünfjährige Forschungsprojekt „Dorfgemeinschaft 2.0“ anknüpfen. Koordiniert wird dieses Projekt ebenfalls von der Gesundheitsregion Euregio aus Nordhorn.

„Mit der Dorfgemeinschaft möchten wir den demografischen Wandel mithilfe technischer Möglichkeiten meistern“, erklärt Euregio-Vorstandsmitglied und Projektmanager Thomas Nerlinger. An erster Stelle stünde auch hier das Ziel, dass ältere Menschen möglichst lange in ihrer gewohnten Umgebung leben könnten. „Moderne Technologien können die Lebenswelt vielfach sinnvoll unterstützen, vor allem in den Bereichen Mobilität, Gesundheit und Pflege, Wohnen und Versorgung. Im Mittelpunkt steht dabei immer der Mensch.“