Der Vorsitzende des Apothekerverbandes Westfalen-Lippe (AVWL), Dr. Klaus Michels, hat die Apotheker dazu aufgerufen, die Digitalisierung des Gesundheitswesens für die Arbeit in den Apotheken zu nutzen. Das E-Rezept werde die „gewohnten Mechanismen der Versorgung komplett auf den Kopf stellen“, sagte er bei der AVWL-Mitgliederversammlung. Michels kritisierte das Wettrennen um digitale Angebote von apothekereigenen Unternehmen allerdings als „skurril“. Der DAV müsse dies „unterbinden“.
Bundesgesundheitsminister Jens Spahn (CDU) fordere von der Gesundheitsbranche deutlich mehr Tempo beim Thema Digitalisierung, sagte Michels. Die Apotheker könnten diese Entwicklung „definitiv nicht aufhalten“. Auch Bürger, Versicherte und Patienten wollten digitale Angebote, weil sie in vielen Fällen das Leben leichter machten. „Dem dürfen wir uns nicht entgegenstellen. Nur wer bereit ist, mitzugestalten, wird Einfluss auf die Ergebnisse haben. Davonlaufen hilft – wie meistens – nicht“, so Michels.
Das in den nächsten Jahren kommende E-Rezept werde die „gewohnten Mechanismen der Versorgung komplett auf den Kopf stellen“. Die ABDA selbst trete über Tochterunternehmen als Betreiberin auf. Ziel sei, diese Lösung als zukünftigen Standard bei der bundesweiten Bearbeitung von E-Rezepten zu etablieren. Erste Tests solle es in Baden-Württemberg bereits im zweiten Quartal 2019 geben. Neben den technischen Herausforderungen seien noch viele juristische Fragen zu klären.
Der geplante ABDA-Rezeptserver stelle allerdings nur eine Plattform zur korrekten Abwicklung der Rezeptbelieferung dar. Michels: „Anbieter von Bestellapps werden sich daher einen intensiven Wettbewerb um die beste Lösung für das Handling durch den Patienten liefern.“ Aktuell scheine dieser Wettbewerb bereits entbrannt. „Verschiedene Player, darunter auch apothekereigene Unternehmen, liefern sich ein skurriles, letztlich auf dem Rücken des Berufsstandes ausgetragenes Rennen um teilnehmende Apotheken“, sagte Michels, ohne Noweda und Noventi namtlich zu erwähnen.
Vorrangiges Ziel sei seinem Eindruck nach dabei aber nicht, „einen möglichst sinnvollen, zweckgerechten und komfortablen Kommunikationskanal zu etablieren“. Vielmehr gehe es in erster Linie darum, sich im Wettbewerb um das dahinterstehende Kerngeschäft Vorteile zu verschaffen. Ignoriert werde dabei leider, worum es in Wirklichkeit gehe, kritisierte Michels: Eine App stelle einen neuen, künftig möglicherweise entscheidenden Kommunikations- und Bestellweg dar. Ihr Einsatz und ihre Verbreitung würden maßgeblich von ihrer bundesweiten Einsetzbarkeit abhängen.
Für eine solche „Essential Facility“ müssten die Apotheker „unter der Marke des Apotheken-A einen diskriminierungsfreien Zugang für alle Apotheken sicherstellen“. Der Vorstand des DAV habe daher kürzlich beschlossen, eine solche App für alle Apotheken entwickeln zu lassen. Michels: „Zugleich setzen wir uns vehement dafür ein, dass der DAV die über die App ausgebrochenen Verteilungskämpfe umgehend unterbindet.“ Er fordere alle beteiligten Unternehmen und Organisationen mit größtem Nachdruck auf, ihre Aktivitäten entweder zu bündeln und in die Entwicklung einer einheitlichen App für alle deutschen Apotheken einzubringen oder aber diese einzustellen.“
Von der Politik forderte Michels, „aus gutem Grund“ dafür zu sorgen, dass das Makeln von Rezepten „konsequent verboten“ bleibe und damit nicht ein weiteres Einfallstor für Missbrauch geöffnet werde. Den AVWL-Mitglieder empfahl Michels mit der offensiven Kundenwerbung für eine Patienten-App noch abzuwarten: „Operative Hektik verwirrt nur den Verbraucher.“ Schließlich sei der Nutzen für den Patienten derzeit ohne das E-Rezept „noch mehr als überschaubar“.
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