Mehrjährige Haftstrafe für Maskenlieferanten Hanna Meiertöns, 26.01.2023 09:37 Uhr
Für die Beschaffung von 23 Millionen Corona-Schutzmasken im Frühjahr 2020 bekommen drei Angeklagte vom Landgericht Hamburg Lob – für den folgenden Steuerbetrug jedoch mehrjährige Haftstrafen.
Wegen bandenmäßiger Hinterziehung von 4,5 Millionen Euro an Steuern verurteilt das Gericht sie am Mittwoch zu drei bis viereinhalb Jahre Gefängnis. Ein mitangeklagter Steuerberater erhält wegen Beihilfe zu einer versuchten Umsatzsteuerhinterziehung eine Bewährungsstrafe von elf Monaten. Der fünfte Angeklagte, ein Rechtsanwalt, wird wegen zwei Fällen der Hinterziehung von Schenkungssteuer zu neun Monaten Haft auf Bewährung verurteilt.
Der Hauptangeklagte, ein vielfach vorbestrafter Kfz-Händler, war nach Angaben des Vorsitzenden der Strafkammer zusammen mit einem Geschäftspartner auf eine sogenannte Open-House-Ausschreibung des Bundesgesundheitsministeriums aufmerksam geworden. Demnach erklärte das Ministerium im Frühjahr 2020, für jede gelieferte FFP2-Maske 2,50 Euro und für jede OP-Maske 16 Cent zu zahlen. Die beiden inzwischen 31 und 32 Jahre alten Angeklagten boten die Lieferung von 20 Millionen FFP2- und 3 Millionen OP-Masken an – und bekamen den Zuschlag.
Maskenbeschaffung war „hervorragende Leistung"
Zu dem Zeitpunkt hätten sie weder über Masken noch finanzielle Mittel oder Kontakte zu Lieferanten verfügt. Auch Expertise habe ihnen gefehlt, sagte der Vorsitzende Richter Kai-Alexander Heeren. Dennoch hätten sie die Masken aus China beschafft und geliefert. Das Bundesgesundheitsministerium habe dafür 109 Millionen Euro gezahlt, davon 17 Millionen an Umsatzsteuer. Der Richter fand lobende Worte für den Unternehmergeist der Angeklagten: „Das ist schon eine hervorragende Leistung, wenn man bedenkt, dass die Angeklagten nichts hatten.“ Er beschrieb ihr Vorgehen mit dem Bild des Frosches in einer Milchkanne, der sich bewegt und Käse herstellt.
Da die Lieferanten von den Angeklagten Sicherheiten forderten, hätten sie über einen befreundeten Anwalt ein Treuhandkonto bei einem Notar angegeben. Darauf habe das Ministerium schließlich auch das Geld in Teilbeträgen von Juni bis Dezember 2020 gezahlt.
Steuerschulden inzwischen beglichen
Nach dem Erhalt des Geldes hätten der Hauptangeklagte, sein Geschäftspartner und sein 23 Jahre alter Bruder die fälligen Vorsteuern auf die Umsatzsteuer nicht bezahlt und das Geld stattdessen in Autos und andere Dinge investiert. Dem befreundeten 46 Jahre alten Anwalt schenkten sie ein Luxusauto, wofür dieser keine Schenkungssteuer entrichtete. Als die Angeklagten von einem Strafverfahren erfuhren, versuchte der 31 Jahre alte Steuerberater, für sie falsche Rechnungen beim Finanzamt einzureichen. Inzwischen seien alle Steuerschulden beglichen.
Der Anwalt gestand nach Angaben des Richters die Hinterziehung der Schenkungssteuer in Höhe von mehreren zehntausend Euro. Eine Beteiligung an der Steuerhinterziehung beim Maskengeschäft habe man ihm nicht sicher nachweisen können. Er wurde darum in diesem Anklagepunkt freigesprochen. Das Maskengeschäft als solches sei auch legal gewesen, betonte der Richter. Für die Unschuld des Anwalts in diesem Punkt spreche auch sein Verhalten nach einem Erpressungsversuch. Ein Dolmetscher der Steuerfahndung habe von ihm eine Million Euro verlangt, weil er glaubte, der afghanischstämmige Jurist habe sich in einem Telefonat als Tatbeteiligter verraten. Der Anwalt habe den Erpressungsversuch aber sogleich bei der Polizei angezeigt.
Der hauptbeschuldigte Autohändler ist nach Angaben von Heeren vielfach vorbestraft. Er habe unter anderem Leute beauftragt, die vermeintliche Schuldner mit Waffen bedrohten. Zudem habe er Verkehrsunfälle provoziert, um Versicherungen zu betrügen, und Urkunden gefälscht. Weil er in der Zwischenzeit von einem Amtsgericht wegen einer anderen Straftat verurteilt wurde, bildete das Landgericht am Mittwoch eine Gesamtstrafe von sechs Jahren und neun Monaten Haft.
Der Prozess hatte bereits am 17. Dezember 2021 begonnen. Die Beteiligten kamen zu mehr als 40 Terminen zusammen. Das Urteil ist noch nicht rechtskräftig.