Um die Digitalisierung des Gesundheitswesens voranzutreiben, hat Bundesgesundheitsminister Jens Spahn (CDU) die Mehrheit an der Gematik übernommen. Jetzt greift er per Verordnung in die Kassen der Krankenkassen und erhöht die Abführung um satte 78 Prozent: Statt 1 Euro sollen die Krankenkassen im kommenden Jahr 1,78 Euro pro Versichertem an die Gematik überweisen.
Im Sozialgesetzbuch (SGB V) ist regelt, dass der GKV-Spitzenverband an die Gesellschaft für Telematik (Gematik) zu deren Finanzierung jährlich einen Betrag in Höhe von 1,00 Euro je Mitglied zahlt. „Dieser Betrag ist nach den aktuellen Haushaltsplanungen der Gesellschaft für Telematik für das Jahr 2021 zur Deckung des Haushaltes nicht ausreichend“, heißt es in der Verordnung. Um die im Rahmen des im Oktober in Kraft getretenen Gesetzes zum Schutz elektronischer Patientendaten in der Telematikinfrastruktur (Patientendaten-Schutz-Gesetz – PDSG) vorgegebenen neuen wegweisenden Aufgaben im Rahmen der Digitalisierung des Gesundheitswesens umzusetzen, sei die Ausstattung mit ausreichenden finanziellen Mitteln erforderlich.
„Der Betrag zur Finanzierung der Gesellschaft für Telematik wird an den Haushaltsbedarf für das Jahr 2021 angepasst und ein zusätzlicher Betrag in Höhe von 0,78 Euro je Mitglied der gesetzlichen Krankenversicherung erhoben“, so der Entwurf. Durch die Erhöhung fließen rund 44,6 Millionen Euro mehr in den Gematik-Haushalt. Die Erhöhung ist zunächst auf ein Jahr befristet.
Die Gesellschafter der Gematik hätten am 25. November 2020 den Haushalt für das Jahr 2021 beschlossen, heißt es in der Begründung. Danach belaufe sich der ermittelte Brutto-Ausgabenhaushalt für das Jahr 2021 auf knapp 117 Millionen Euro. Die Gematik-Haushaltsplanungen seien insbesondere durch die vom PDSG vorgegebene Weiterentwicklung der Telematikinfrastruktur (TI) und ihrer Anwendungen geprägt. „Erste digitale Angebote wie zum Beispiel der Medikationsplan haben bereits Einzug in den Behandlungsalltag gefunden. Weitere wie die elektronische Patientenakte (ePA) werden folgen und die Versorgung für alle Beteiligten erleichtern“, heißt es weiter.
Der Gesetzgeber habe damit der Gematik „eine Vielzahl neuer Aufgaben zugewiesen, um die Dynamik des notwendigen Digitalisierungsprozesses in der Versorgung deutlich zu erhöhen“. Im Fokus steht dabei insbesondere die ePa als Kernelement der digitalen medizinischen Anwendungen, die in mehreren Ausbaustufen für alle Versicherten ab dem 1. Januar 2021 zur Verfügung stehe. Daneben seien weitere innovative digitale medizinische Anwendungen wie das E-Rezept als Pflichtanwendung und der digitale Überweisungsschein sowie die Kommunikation im Medizinwesen (KIM) vorgesehen.
Für die Übermittlung des E-Rezepts über mobile Endgeräte habe die Gematik als anerkannte neutrale Stelle eine entsprechende barrierefreie App zu entwickeln und zur Verfügung zu stellen. Darüber hinaus habe die Gematik die vorgesehene Anbindung von weiteren Leistungserbringern sowie – mit Blick auf die durch die Einführung von medizinischen Anwendungen gewachsene Abhängigkeit von der Sicherheit – die Umsetzung erforderlicher Maßnahmen zur Stärkung der Sicherheit und des störungsfreien Betriebs der TI zu gewährleisten.
„Nach alledem ergibt sich für die Gesellschaft für Telematik, zusätzlich zu den vorhandenen Liquiditätsreserven, ein Kapitalbedarf von rund 101,630 Millionen Euro“, so der Verordnungsentwurf. Bei einer Zahl von 57.138.020 GKV-Mitgliedern ergebe sich danach ein zur Finanzierung der Gematik durch den GKV-Spitzenverband theoretisch zu zahlender Betrag in Höhe von gerundet 1,78 Euro je Mitglied der gesetzlichen Krankenversicherung.
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